Das Phänomen des Sammelns ist rätselhaft. Es schafft individuelle Ordnungen und Bezüge, kann eine unendliche Leidenschaft sein, aber auch eine Suche nach einer unmöglichen Liebe. Es kann aus kühler Strategie erwachsen oder aus der Verweigerung entstehen, etwas abzuschließen. Denn eine Sammlung ist selten vollkommen.
Das Sammeln zeitgenössischer Kunst ist etwas Besonderes: Künstler und Sammler begegnen einander am Ende eines künstlerischen Prozesses. Der eine als Sender, der andere als Empfänger; der eine speist Zeichen ein, der andere entziffert sie. Der Künstler verzichtet im Tausch gegen Geld auf sein Werk und übergibt es vertrauensvoll der Verantwortung des Sammlers oder der Sammlerin, in der Hoffnung, dass es sich im neuen Zeichensystem wiederum neu auflädt und verwandelt. Jedes Sammlungsstück hat somit seine eigene „Reisegeschichte“ zu erzählen; und manch Neuzugang hat eine ganze Sammlung durcheinandergebracht. Sammlernaturen dürfen wie Künstler eigenwillig und einseitig sein. Sie tragen das Risiko und dürfen „irren“. Die Öffentlichkeit ist zunächst ausgeschlossen. Eine Privatsammlung ist wie ein Tagebuch – ein Kosmos von Geschichten, Erinnerungen, Erkenntnissen und Begegnungen.
Zwölf Privatsammlungen, die in Münster beheimatet sind, haben für diese Ausstellung ihre Kabinette geöffnet. Die langjährige Leiterin der Kunsthalle, Gail B. Kirkpatrick, hat ihre persönliche Auswahl getroffen; den Besucher erwartet ein privates Sammlermuseum auf Zeit, in dem Werke international bekannter Künstler wie Bernhard Johannes Blume, Phil Collins, Peter Doig, Marcel Dzama, Martin Eder, Mary Heilmann, Anton Henning, Milo Köpp, Ruppe Koselleck, Jonathan Meese, Daniel Richter, Cornelius Völker und Thomas Wrede ebenso zu bewundern sind wie Arbeiten junger Künstlerinnen und Künstler, deren Biografien sich mit Münster verbinden.
Münster hat sich in den vergangenen Jahren zu einer wichtigen Adresse für zeitgenössische bildende Kunst entwickelt. Hier wird auf hohem Niveau produziert, präsentiert und auch gesammelt. Die Skulpturen im öffentlichen Stadtraum, die Sammlungen des LWL Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte sowie das Programm des Westfälischen Kunstvereins ziehen ein internationales, kunstinteressiertes Publikum an und machen Münster auch in der überregionalen Wahrnehmung zu einem interessanten Kunststandort jenseits der großen Metropolen.
Mit dieser Sammlungsschau soll unter anderem die Bedeutung von Kunsterwerb für die Förderung und Entwicklung eines Kunststandorts sichtbar gemacht werden.
17. November 2012 bis 24. Februar 2013
Informationen
Kunsthalle Münster
Hafenweg 28 – Speicher II, D-48155 Münster
Di–Fr 14–19 Uhr, Sa und So 12–18 Uhr
Tel. +49 (0) 251/674-4675
Kulturamt: Tel. +49 (0) 251/492-4101
www.kunsthalle.muenster.de
Leserkommentare
Zum Kommentieren kostenfrei registrieren oder anmelden.