Kunstmuseum Heidenheim: Expressionisten

Aus der Sammlung Dr. Alfred Gunzenhauser Chemnitz.
Marienstraße 4 , D-89518 Heidenheim

Vor 100 Jahren wurden sie als Dilettan-ten beschimpft und ihre Bilder in Aus­stellungen bespuckt. Heute gelten sie als die Begründer der Moderne in Deutschland und ihre Bilder als Meisterwerke: die Expres­sionisten. Mit dem „Blauen Reiter“ in München und der „Brücke“ in Dresden formierten sich in den Jahren zwischen 1907 und 1914 zwei Künstlervereinigungen, die in der Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen französischen Kunst grundlegend neue Bild- und Ausdrucksformen hervorbrachten. Gemeinsam war beiden Künstlergruppen der unbedingte Wille, eine neue Ausdruckskunst zu schaffen. Bei allen Unterschieden gelang ihnen dies hauptsächlich durch eine neue Bildauffassung, die sich durch eine bewusst abstrahierende, die Flächen be­tonende Motivwiedergabe und eine auf wenige, unvermischte Farben reduzierte Palette auszeichnete.
In München versuchten die Künstlerpaare Wassily Kandinsky und Gabriele Münter sowie Alexej von Jawlensky und Marianne von Werefkin, eine neue Kunst durch Verinnerlichung beziehungsweise Vergeistigung zu entwickeln. Erstmals gelang ihnen dies im Sommer 1908 während eines Studienaufenthalts in Murnau, wo Bilder entstanden, die das innere Wesen ihrer Mo­tive durch deren radikale Vereinfachung auszudrücken suchten. In den darauffolgenden Jahren entwickelten die Künstlerinnen und Künstler des „Blauen Reiters“ (gegründet 1911) jedoch zunehmend individuellere Strategien der Bildfindung, die das weite Spektrum zwischen Verinnerlichung (Münter) und radikaler Abstraktion (Kandinsky) entfalteten.
Auch der Umbruch, den die Künstler der „Brücke“ in Dresden zwischen 1907 und 1911 vollzogen, verlief zunächst in kollektiven Bahnen. Unter dem Postulat der „Unmittelbarkeit und Unverfälschtheit“ entwickelten Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Max Pechstein eine spontane und kraftvolle Malweise, die kaum individuelle Eigenarten erkennen ließ. Die Unmittelbarkeit ihrer Malweise war dabei an einen antibürgerlichen Lebensstil gekoppelt, der zwischen Kunst und Leben keinen Unterschied machte. Die Künstler lebten und arbeiteten in ihren Wohnateliers; ihre Freundinnen waren ihre Modelle; und zum Malen entkleideten sich die Künstler ebenso wie ihre Modelle. Das große Thema der „Brücke“, der mensch­liche Akt, war für Kirchner, Heckel und Pechstein daher niemals ein akademisches Sujet, sondern tatsächlich gelebtes und unmittelbar gemaltes Leben.
Trotz ihrer sehr unterschiedlichen Arbeitsweisen und Zielsetzungen stürzten die Künstler des „Blauen Reiters“ und der „Brücke“ den traditionellen Bildbegriff radikal um und veränderten damit auch das Kunstverständnis des breiten Publikums bis heute nachhaltig. Mit ihrer Kunst leisteten die Expressionisten einen spezifisch deutschen Beitrag zur Moderne und leiteten die rasante Weiterentwicklung der modernen Kunst nach dem Ersten Weltkrieg ein.
In der Ausstellung „Expressionisten” präsentiert das Kunstmuseum Heidenheim bisher selten gezeigte Werke der Münchner Künstler Alexej von Jawlensky und Gab­riele Münter sowie der „Brücke“-Künstler Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff. Zusammen mit Bildern von Paula Modersohn-Becker und Lovis Corinth, die mit ihrer Malerei die Grundlagen für den deutschen Ex­pressionismus legten, umfasst die Ausstellung insgesamt 70 Ölbilder, Zeichnungen und Grafiken.
Sämtliche Werke stammen aus dem Mu­seum Gunzenhauser Chemnitz, das erstmals Teile seiner Sammlung außerhalb von Chemnitz zeigt. Anlass für diese spekta­kuläre Ausleihe war der Wunsch des Mu­seumsstifters, Dr. Alfred Gunzenhauser, Teile seiner Sammlung in seiner Geburtsstadt Heidenheim zu präsentieren. Parallel zur Ausstellung der Expressionisten werden in zwei neu geschaffenen Räumen erstmals jene 35 Werke dauerhaft zu sehen sein, die Dr. Gunzenhauser dem Kunstmuseum Heidenheim im Jahr 2009 stiftete. Neben einigen Bildern mit lokalem Bezug umfasst die Schenkung Gunzenhauser repräsentative Werke von Horst Antes, Willi Baumeister, Otto Dix, Paul Klee und anderen.
1. Dezember 2012 bis 7. April 2013

Informationen

Kunstmuseum Heidenheim

Marienstraße 4, D-89518 Heidenheim

Tel. +49 (0) 73 21/327-4810 oder -4814

Di–Fr 10–12 und 14–17 Uhr, Mi 10–12 und

14–19 Uhr, Sa, So und Fei 11–17 Uhr

[email protected]

www.kunstmuseum-heidenheim.de

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