Der Jazz hat ein neues Gesicht. Wie schon so oft in der etwa 100-jährigen Geschichte hat sich das Erscheinungsbild des Jazz gewandelt: Es ist emotional, betörend erotisch, und es ist weiblich. Seit Mitte der 1990er-Jahre ist zu beobachten, dass die Zahl der Musikerinnen im Jazz stetig ansteigt. Ausgangspunkt dieser Entwicklung war der unerwartete kommerzielle Erfolg der amerikanischen Sängerinnen Diana Krall und Norah Jones. In deren Gefolge betraten unzählige Sängerinnen Bühnen und Studios und kreierten eine neue Welle des weiblichen Jazzgesangs. Auch im instrumentalen Bereich, wenn auch mit geringerer kommerzieller Beachtung, erarbeiteten sich selbstbewusste Frauen entspannt und ohne vordergründigen feministischen Hintergrund Führungspositionen in Bands und musikalischen Ensembles.
Als ein wichtiges Zentrum dieser Entwicklung hat sich das Festival Women in Jazz in Halle (Saale) in Sachsen-Anhalt etabliert. Bereits zum achten Mal treffen im Februar 2013 jazzende Frauen auf ein interessiertes Publikum. Dabei standen die Kritiker dem Konzept der Organisatoren Ulf Herden und Janis Kapetsis zu Beginn eher skeptisch gegenüber. Es gab Bedenken, ob genügend innovative musikalische Projekte existierten, um die Idee über mehrere Jahre zu realisieren. Außerdem traten Jazzpuristen auf den Plan, die unterstellten, dass ein Teil der musikalischen Acts nicht dem Jazz zuzuordnen wäre. Das wachsende Interesse von Künstlerinnen und Publikum sowie die mittlerweile überregionale Aufmerksamkeit der Kritiker zeugen jedoch vom Erfolg des eingeschlagenen Wegs.
Das 8. Festival Women in Jazz findet vom 1. bis 10. Februar 2013 statt. Die Stadt Halle steht für erstmals zehn Tage im Fokus des internationalen Jazz. Das Festival Women in Jazz setzt dabei auf Konzertprojekte mit internationalen und nationalen Jazzmusikerinnen. Zu den Hauptkonzerten in der Oper und der Konzerthalle Ulrichskirche sind Künstlerinnen aus Frankreich, der Schweiz, Italien, Luxemburg, Norwegen, Estland, Dänemark, Großbritannien, Spanien, Schweden und Deutschland, aber auch aus Südafrika, Japan, den USA und Argentinien eingeladen. Dazu gibt es ein ansehnliches Rahmenprogramm mit Ausstellungen, Workshops, Jamsessions, einer Filmnacht und das Jazzangebot für jedermann, den Cityjazz. Stars des kommenden Festivals sind die britische Jazzsängerin Malia, die Saxofonistin und deutsche Jazzpreisträgerin Angelika Niescier sowie die Sängerinnen Kgomotso Tsatsi (Südafrika) und Ingrid Lukas (Estland).
Einmalig ist das Angebot des Festivals an europäische Jazzmusikerinnen, über Ländergrenzen hinweg neue Projekte zu verwirklichen, die im künstlerischen Alltag kaum eine Chance auf Realisierung besitzen, weil Zeit, Geld oder irgendeine andere Komponente gegen die Idee spricht. Es bietet die Möglichkeit, künstlerische Ideen am Festivalort zu gestalten und umzusetzen. Drei Uraufführungen sind 2013 geplant: In einem Meer von Tönen mit der Jazzsängerin Cristin Claas, ihrer Band l’arc six und der Staatskapelle Halle, die Messias-Bearbeitungen der japanischen Jazzpianistin Makiko mit Marilyn Mazur, Klavs Hovmann mit Streichquartett und Chor und das Piano-Doppel-Konzert mit Rita Marcotulli (Italien) und Julia Hülsmann (Deutschland).
Es ist die Magie des Weiblichen im Jazz, die das Festivalpublikum in den vergangenen Jahren fasziniert hat und nach Halle zieht. Dies sollte man erlebt haben, empfiehlt der künstlerische Leiter des Festivals, Ulf Herden.
1. bis 10. Februar 2013
Informationen
www.womeninjazz.de
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