Die Arbeit an seiner Oper begann er mitten im 1. Weltkrieg. Uraufgeführt wurde sie 1920, als Europa in Trümmern lag: Franz Schrekers aufregendes Musiktheater Der Schatzgräber zählte denn auch zu den meist gespielten Werken jener Jahre. Mit der Machtübernahme der Nazis jedoch wanderte die Oper auf den Index und wurde fortan als „entartete Musik“ klassifiziert. Das Internationale Brucknerfest 2013 bringt dieses für die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts so wichtige Werk nun auf die Bühne der Tabakfabrik Linz. Im Rahmen des Projektes „EntArteOpera“ ist die Inszenierung von Philipp Harnoncourt auch als eine Art Auftakt vor der offiziellen Eröffnung zu erleben. Begleitend dazu wird einen Tag nach der Premiere überdies die Ausstellung Das verdächtige Saxophon eröffnet – sie bildet auf beklemmende Weise die propagandistische NS-Hetze gegen die im III. Reich verfemten Komponisten nach.
Die Tabakfabrik Linz zählt übrigens zu jenen spannenden Spielorten, die das von Hans-Joachim Frey geleitete Brucknerfest prägen werden. Der Intendant hat große Pläne: „Anton Bruckner selbst hat Impulse empfangen und ausgesendet“, erklärt Frey. „Auch das neue Brucknerfest soll in den kommenden Jahren verstärkt zu einem überregionalen Festival mit internationaler Ausstrahlung ausgebaut werden und überall hin seine Impulse senden.“ 2013 kann man sich davon schon überzeugen.
Aufregender Bruckner
Nach einem Abend mit dem Henan Symphony Orchestra, das traditionelle chinesische Musik nach Linz bringt, und nach einer visualisierten Klangwolke (Motto: „Bruckner lebt“) sowie einer Kinderklangwolke wird am 15. September 2013 das Festival mit dem Bruckner Orchester Linz unter Dennis Russell Davis, die Bruckners 4. Symphonie interpretieren, für das Publikum offiziell eröffnet. Im Rahmen der umfangreichen Veranstaltungsreihe stehen in der Folge mehrere Konzerte mit Werken des Meisters auf dem Programm, darunter jenes mit den Wiener Philharmonikern unter Lorin Maazel (8. Symphonie). Außerdem soll hier auf ganz besondere Bruckner-Veranstaltungen hingewiesen werden: Organist Hansjörg Albrecht wird „Wege zwischen Bruckner und Wagner“ beschreiten, zudem führt ein faszinierender Ausflug „Auf den Spuren des Orgelimprovisators Anton Bruckner“ nach St. Florian. Auch der Ausklang des spannenden Festivals ist dem Namensgeber gewidmet: In der prachtvollen barocken Stiftsbasilika St. Florian wird das Bruckner Orchester die 3. Symphonie intonieren.
Russland zu Gast
Im Zeichen der österreichischen Kultursaison in Russland, die für 2013/14 ausgerufen wurde, steht ein weiterer Festival-Schwerpunkt. Auf dem Programm stehen ein Kammermusik-Abend mit Ilya Konovalov (Violine), Arkadi Zenzipér (Klavier) und Sergej Roldugin (Violoncello), zudem die Präsentation junger russischer Talente (und somit der Stars von morgen!) als Kooperation mit dem Haus der Musik St. Petersburg sowie die phänomenalen St. Petersburger Philharmoniker unter Dirigent Yuri Temirkanov, die in ihrem Programm Bruckner mit Rachmaninow und Strawinsky verschränken. Mit vier Opern ist die renommierte Moskauer Kammeroper Boris Pokrovsky zu Gast in Linz: Schostakowitschs surreal-groteskes Werk Die Nase, das auf einer berühmten Erzählung von Gogol basiert, wird als exklusives europäisches Gesamtgastspiel zu sehen sein (Tipp!), überdies zu erleben sind Lortzings komische Oper Zar und Zimmermann in deutscher und russischer Sprache, poetisches Theater nach Kompositionen von Schostakowitsch, und, mit Rostovskoje dejstvo, die älteste russische Oper überhaupt. Weiters interpretiert „Russlands Klaviertitan“ Denis Matsuev Kompositionen von Tschaikowsky, Liszt und Strawinsky. Überdies gestaltet Maestro Vladimir Jurowski mit dem London Philharmonic Orchestra und Patricia Kopatchinskaja (Violine) einen Abend mit Rimski-Korsakow, Prokofjew und – selbstverständlich – Bruckner.
Alles Gute zum Geburtstag!
2013 ist bekanntlich in mehrfacher Hinsicht auch ein bedeutendes Jubiläumsjahr. Der 200. Geburtstag von Richard Wagner wird vom Brucknerfest in Kooperation mit dem Landstheater Linz auf ganz spezielle Weise begangen: Der „Ring an einem Abend“ kombiniert den Bayreuther Komponisten mit Texten von Loriot; als Sprecher ist Gert Voss zu erleben, begleitet vom Bruckner Orchester unter Dennis Russell Davies und SolistInnen des Landestheaters. Giuseppe Verdis Geburtstag – der Italiener wurde ebenfalls vor 200 Jahren geboren – wird mit einem großen Opern-Gesangswettbewerb gewürdigt. Schließlich wird noch ein dritter Jahrestag, der 100. Geburtstag von Benjamin Britten nämlich, gefeiert, und zwar mit einer Aufführung von War Requiem (Philharmonie Salzburg, Leitung: Elisabeth Fuchs).
Cage und Spiegelgrund als Kooperationen
Tabakfabrik Linz und das neue Musiktheater Linz bilden auch den Rahmen für zwei weitere Produktionen, die zudem als Würdigung der Musik des 20. und 21. Jahrhunderts zu verstehen sind. Auf dem Programm stehen, erstens, die Premiere von Peter Androschs wichtiger Oper Spiegelgrund als oberösterreichische Erstaufführung sowie, zweitens, kammermusikalische Werke von John Cage: Cage Stage wird in der Inszenierung des großen Achim Freyer auf die Bühne gebracht. Franz Dobusch, der Linzer Bürgermeister, zeigt sich über die Kooperation der Linzer Institutionen übrigens sehr erfreut: „Dies signalisiert eine Zusammenarbeit, die wir immer angestrebt haben.“
Außerdem am Brucknerfest 2013 zu erleben: Die großartigen Pianistinnen Katia und Marielle Labèque mit einem teilweise französischen Programm (u. a. Ravel und Poulenc); ein spektakulärer Akkordeon-Abend; das aus Mitgliedern der Wiener Philharmoniker bestehende Steude-Quartett, die gemeinsam mit Pianistin Barbara Moser Brahms, Janáček und Dohnányi interpretieren; hochkarätiger Jazz mit dem Carmen Bradford Quartet und Gary Motley; die Wiener Sängerknaben mit einem Programm, das sich „Entlang der Donau“ bewegt (Werke von Mozart, Schubert sowie Volkslieder aus den Donauländern); ein Gedenkkonzert zum 10. Todestag von Augustinus Franz Kropfreiter, der zu den bedeutendsten österreichischen Orgelkomponisten des 20. Jahrhunderts zählt (Orgel: Andreas Etlinger); gregorianische Mystik (Gesänge, Texte) von Hildegard von Bingen mit Rezitatorin Gloria von Thurn und Taxis; Strauss und Bartók mit der Jungen Deutschen Philharmonie und Sopranistin Christiane Oelze; ein Abend mit dem weltberühmten Schauspieler Armin Mueller-Stahl, der mittlerweile auch als Maler hohe Anerkennung genießt; Schuberts Winterreise mit Startenor Bo Skovhus und Pianist Stefan Vladar; und faszinierende Barockmusik, Händels Solomon nämlich mit dem Dresdner Kreuzchor.
Ach ja, ein aufregender Nachklang wird auch offeriert: Die Sächsische Staatskapelle Dresden (Dirigent: Myung-Whun Chung) widmet sich am 24. Oktober 2013 ganz Gustav Mahler – auf dem Programm steht mit der revolutionären 9. Symphonie sein letztes vollendetes Werk.
Text: Eva Maria Mandl
15. September bis 6. Oktober 2013
Informationen & Karten
Brucknerhaus Servicecenter
A-4010 Linz, Untere Donaulände 7
www.brucknerhaus.at www.brucknerfest.at
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