Verborgen hinter der Fassade einer Kunstuniversität, ist die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste – eine von Wiens drei international bedeutenden Sammlungen alter Gemälde – heute immer noch ein Geheimtipp in der Museumslandschaft der alten Kaiserstadt.
Die prachtvoll ausgestatteten Sammlungsräume befinden sich inmitten von Künstlerateliers und Klassenräumen im ersten Stock des altehrwürdigen Ringstraßenpalais, das Theophil Hansen 1877 für die Wiener Akademie erbaut hatte. Nach einer Verjüngungskur präsentiert sich das Museum heute rundum renoviert und verschönert. Modernisiert mit Lift und Shop, ist es seit September 2010 dem Publikum wieder zugänglich.
Rund 180 Spitzenwerke aus dem vom Spätmittelalter bis ins späte 20. Jahrhundert reichenden Gemäldebestand sind in der permanenten Schausammlung ausgestellt. Dazu zählen vor allem Hieronymus Boschs Weltgerichtstriptychon mit seinen phantasmagorischen Visionen des Jüngsten Gerichts, die Marienkrönung von Dirc Bouts und Hauptwerke von Lucas Cranach dem Älteren, ebenso aber Meisterstücke von Peter Paul Rubens und Jacob Jordaens.
Zu den Sammlungsschwerpunkten gehört besonders die facettenreiche bürgerliche Malerei des holländischen 17. Jahrhunderts mit Gemälden von Rembrandt, Jacob van Ruisdael oder Pieter de Hooch, aber auch die italienische Malerei mit Botticelli, Tizian, Giambattista Tiepolo und Francesco Guardi. Hervorragend vertreten ist auch die Kunst an der Wiener Akademie um 1800.
In ihrer Geschichte sind die Gemäldegalerie und die 1692 gegründete Wiener Akademie seit jeher untrennbar miteinander verbunden. Der Grundstock der Sammlung entsteht im 18. Jahrhundert in den jährlich prämierten Preisstücken und den Aufnahmewerken der Akademiemitglieder. Die eigentliche Geburtsstunde der Galerie schlägt aber erst 1822, als Graf Lamberg-Sprinzenstein seine berühmte Gemäldesammlung von über 800 Werken der Akademie stiftet. Sie bildet auch heute noch den Kernbestand der Gemäldegalerie.
Im Lauf des 19. Jahrhunderts wird sie durch staatliche Kunstankäufe sowie – bis heute – durch weitere aristokratische und bürgerliche Akte des Mäzenatentums erweitert. Den Charakter der „Gräflich Lamberg’schen Gemäldegalerie“ hat sie sich aber bis heute in ihrem Wesen erhalten.
Neben ihrem bedeutenden musealen Auftrag war und ist die Gemäldegalerie gleichzeitig auch seit jeher in der akademischen Lehre integriert. Die Schwerpunkte liegen dabei heute vor allem im kunsthistorischen und restauratorischen Anschauungsunterricht. Organisatorisch und räumlich ist
die Sammlung noch Teil der modernen Kunstuniversität und integrativer Part ihres Profils. In der Wiener Akademie präsentiert sich der nur mehr seltene Fall, dass eine Gemäldegalerie älterer Kunst ihren angestammten Platz behalten hat und mit der zeitgenössischen Kunstausbildung noch unter einem Dach vereint ist.
Aktuell: Die Gemäldegalerie zeigt bis 4. Dezember 2011 in der Reihe „Bilder im Focus“ Blumenstrauß und Früchtekorb, eine kleine, feine Zusammenstellung von überwiegend österreichischen Stillleben des 18. Jahrhunderts aus eigenem Bestand.
Vom 8. Dezember 2011 bis 19. Februar 2012 präsentiert die in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt konzipierte Ausstellung Gips folgt Stein. Das Keckmanngrabmal aus St. Stephan das soeben restaurierte spätgotische Epitaph des Johannes Keckmann (1511) aus dem Stephansdom. Es ist in Gegenüberstellung mit den Gipsabgüssen zu sehen, die 1865 in der Ära des historistischen Architekten Friedrich an der Wiener Akademie davon gefertigt wurden und in der damals berühmten Glyptothek (Gipsabgusssammlung) der Akademie ausgestellt waren.
Informationen
Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien
Schillerplatz 3, A-1010 Wien
Tel +43 (0) 1/588 16-2222
Di–So und Fei 10–18 Uhr
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