Nach der großen Surrealismusausstellung 2009 zeigt das Ludwigshafener Wilhelm-Hack-Museum mit dem Werk der Kölner Künstlerin Mary Bauermeister eine weitere überregionale, ja angesichts der Leihgaben aus den großen Museen in New York und Washington internationale Ausstellung. Es gilt, das Leben und Werk einer innovativen Künstlerin wiederzuentdecken, die in den 1960er-Jahren die Entwicklung der experimentellen Kunst entscheidend mitgeprägt hat. Das Wilhelm-Hack-Museum ist im Besitz einer umfangreichen Sammlung experimenteller Kunst aus dieser Zeit und bietet damit eine ideale Plattform für diese Ausstellung.
30 bedeutende Hauptwerke Bauermeisters sind bis zum 16. Januar 2011 im Wilhelm-Hack-Museum zu sehen, sowohl Linsenkästen als auch wichtige Arbeiten aus dem malerischen Frühwerk. Ergänzt wird die Auswahl mit 70 Werken bedeutender Zeitgenossen wie Heinz Mack, Adolf Luther, Joseph Beuys, Andy Warhol, Roy Lichtenstein, Wolf Vostell, George Brecht, Ben Vautier und George Maciunas. Auch auf historische Dokumente aus der Kölner wie New Yorker Kunstszene der 1960er-Jahre wird nicht verzichtet.
Inmitten einer von Männern dominierten Kunstszene stellt die 1934 in Frankfurt geborene Mary Bauermeister zu Beginn der 1960er-Jahre eine Ausnahmeerscheinung dar. Nach ihrer Studienzeit an der Hochschule für Gestaltung in Ulm bei Max Bill und der Staatlichen Schule für Kunst und Handwerk in Saarbrücken bezog sie 1959 ein Atelier in der Kölner Lintgasse, wo sie zur Initiatorin einer Musik und Kunst zusammenführenden avantgardistischen Bewegung wurde, die unter dem Schlagwort Fluxus das Jahrzehnt maßgeblich künstlerisch prägen sollte. Auf ihre Einladung hin veranstalteten Künstler wie John Cage, Nam June Paik, George Brecht und Ben Patterson Konzerte, Lesungen, Happenings und Ausstellungen. 1962, nach ihrer ersten Einzelausstellung im Amsterdamer Stedelijk-Museum, übersiedelte sie nach New York, wo sie mit ihren Linsenkästen den Durchbruch auf dem New Yorker Kunstmarkt feierte. Alle großen New Yorker Museen (Museum of Modern Art, Whitney, Guggenheim, Brooklyn Museum) und das Hirshhorn Museum in Washington erwarben diese Werke.
Das Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen am Rhein zeigt die bedeutenden Linsenkästen aus den amerikanischen Museen zum ersten Mal in einer umfangreichen Zusammenschau und versucht eine Einordnung von Bauermeisters Œuvre in den Kunstkontext der 1960er-Jahre. Dafür bietet die Sammlung Heinz Beck, die 1988 in den Besitz des Museums kam, ideale Anknüpfungspunkte. Viele Künstler, mit denen Bauermeister während ihrer Zeit in Köln zu tun hatte und die sie später in New York wiedertraf, sind mit Arbeiten in der Sammlung Heinz Beck vertreten und beleuchten so das Umfeld, in dem sich die Künstlerin bewegt hat.
Das Werk Mary Bauermeisters wird damit im Kontext der großen Strömungen der 1960er-Jahre – Fluxus, Zero, Pop-Art, Op-Art, Nouveau Réalisme – gezeigt. Da sich die Präsentation auf die Linsenkästen Bauermeisters – ihr Alleinstellungsmerkmal – konzentriert, liegt die Frage nach der Box oder Schachtel als neuem Bildmedium dieser Zeit nahe. Warum haben ausgerechnet in den 1960er-Jahren so viele Künstler ihre Ideen in Boxen, Kästchen und Schachteln zum Ausdruck gebracht, und welches Weltbild wollen sie damit vermitteln? Diese Frage lässt sich natürlich nicht ohne die Väter dieser Gattung – Marcel Duchamp in Europa und Joseph Cornell in Amerika – beantworten.
bis 16. Januar 2011
Informationen
Wilhelm-Hack-Museum
Berliner Straße 23,
D-67059 Ludwigshafen am Rhein
Di, Mi, Fr 11–18 Uhr, Do 11–20 Uhr,
Sa, So 10–18 Uhr
Tel. (+49-621) 504-3403
www.wilhelmhack.museum
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