Das Landesmuseum Niederösterreich zeigt in seiner Herbstausstellung fast 80 Künstler(innen) mit rund 350 Werken auf 1200 QuadratOna B. vor Ona B., Foto Gerald LechnerEröffnung der Ausstellung Ich ist ein Anderer, Foto Gerald LechnerKurt Lang in der Installation von Kurt Lang, Foto Gerald LechnerFritz Simak stellt Fritz Simak nach, Foto Gerald LechnerIsolde Joham und Gottfried Höllwarth vor Isolde Johams Isolde, Gottfried, Daisy und Donald

Künstler-Ich im Museum

Die Ausstellungen Ich ist ein anderer – Die Kunst der Selbstdarstellung und Franziska und Lois Wein­bergers RUDERAL SOCIETY wurden kürzlich eröffnet und zeigen ein breites Spektrum zwischen Sammlungsschätzen und Kunst im öffentlichen Raum.
Kulturbezirk 5, A-3100 St. Pölten

Das Landesmuseum Niederösterreich zeigt in seiner Herbstausstellung fast 80 Künstler(innen) mit rund 350 Werken auf 1200 Quadratmeter Ausstellungsfläche zum Thema Künstlerporträt und Künstlerselbstporträt. Dieses Thema stellt auch einen wichtigen Sammlungsschwerpunkt dar. Dadurch ist es möglich, die umfassende Schau ausschließlich mit eigenen Beständen auszustatten. Was macht einen Künstler aus, und was tut er, wenn er sich selbst oder andere Künstler darstellt?
Auf den Spuren dieser Fragen wandelt die Ausstellung. Wie verhält es sich mit der Zuschreibung als Außenseiter der Gesellschaft? Wie mit der Stilisierung als Held, Märtyrer oder Exzentriker? Auf welchen Wegen bewegt sich die Suche nach dem eigenen Selbst?
Erste Symbolfiguren als moderne Außen­seiter waren der titelgebende Dichter Arthur Rimbaud und Egon Schiele. Egon Schiele ist daher auch mit einem Selbstporträt vertreten, neben zahlreichen Schiele-Porträts anderer Künstler. Die meisten Werke stammen aber aus der Zeit ab den 1950er-Jahren. In jüngerer Zeit haben sich die Fragestellungen ausgedehnt. Es geht auch um Geschlechterrollen, Rollenspiele und andere Kommentare zum Thema. So vielfach wie die Herangehensweise sind auch die verwendeten künstlerischen Techniken: Malerei, Fotografie, Grafik, Zeichnung, Skulptur, Video und sogar Scherenschnitt.
In Anlehnung an Egon Schieles Selbstporträt von 1910 werden Arbeiten anderer Künstler gezeigt, die den berühmten Kollegen ihrerseits porträtieren: Broncia Koller-Pinell, Gert Linke, Karin Frank.
Die anderen. Mit einer Vielfalt an Künstlerporträtfotografien in klassischem Schwarzweiß sind vertreten: Franz Hubmann, von dem Hans Weigl einmal sagte, es sei unmöglich, von ihm nicht fotografiert zu werden; weiters Elfriede Mejchar mit der Serie Künstler bei der Arbeit (1954 bis 1961); Christian Skrein, der die Kunstszene der 1960er- und 70er-Jahre begleitete; Cara Pongracz, Heidi Harsieber, Robert Zahor­nicky, Didi Sattmann. Einen ganz besonderen Zugang zum Porträt findet Marcel Houf, indem er jeweils einer Person drei Interpretationen zuordnet: eine Fotografie mit Silberscheibe, eine karikierende Zeichnung und eine Monsterdarstellung.
Magdalena Frey kombiniert in ihren digitalen Collagen eigenes und fremdes Bildmaterial, bevorzugt den Lebensalltag von Künstlerinnen. Daneben ist TOMAKs Serie Wunderkinder vertreten. Auf Grundlage der Porträtfotografie zeigt Franz Graf Zeichnungen auf Leinwand, auf denen die Gesichter zu Landschaften werden.
Andere & ich. Das künstlerische Selbstverständnis, die Vorstellung von der Künstlerexistenz wird am deutlichsten im Selbstporträt. Beispiele in der Ausstellung sind unter anderem von Isolde Joham, Elke Krystufek und Ona B. Arnulf Rainer, Florentina Pakosta und Franz Simak bedienen sich historischer Vorbilder wie F. X. Messerschmidts grotesker Verzerrungen. Die Darstellung des Ich als Künstler umfasst ­eine breite Palette von Anton Elsinger (1953) bis Josef Kern (2004).
Installationen und Kurzvideos zum Thema steuern Judith Huemer und Lena Lapschina bei. Zahlreiche weitere Beispiele befragen das eigene Selbst vom Fantastischen Realismus über das Statistische Port­rät von Hermann Painitz bis zum medialen Charakter des Selbstporträts bei Helmut Rainer. Ein „biografisches Readymade“ zeigt Romana Scheffknecht mit ihrer Videoinstallation.
Ich als … Das Bild als Spiegel ist das Thema Norbert Fleischmanns: Auf einer schwarz verglasten Fläche steht in Goldlettern „ICH“ – im Spiegelbild begegnet man sich selbst als einem anderen.
In die Rolle und Pose Marlene Dietrichs schlüpft Irene Andessner, der Titel lautet I. M. [sprich: I am] Dietrich. Ironische Kommentare liefern Lampalzer/Oppermann.
Ich bin nicht allein. Von Rudolf Hausners manischer Darstellung seines Alter Ego „Adam“ über Helmut Kandls Selbstporträts bis zu Eva Wohlgemuths skulpturalem Körperdouble reicht das Repertoire dieses Ausstellungskapitels.
Schließlich beschäftigt sich der letzte Teil mit dem geschundenen, sterblichen, „heiligen“ & heroischen Ich: Arnulf Rainers Face Farces, Marianne Madernas bearbeitete Videostills, der Gugginger Künstler Aurel Iselstöger, Adolf Frohners in Kreuzform angelegtes Materialbild Das Bildnis des Künstlers in jungen Jahren in der Manier des Piero della Francesca, ironische Selbstinszenierungen Hari Schütz’ als Schmerzensmann, die verletzten bandagierten Kinder Gottfried Helnweins, Werner Reiterers Digitaluhr, die eine angenommene Lebenserwartung als erbarmungslosen Countdown zeigt, seien als Beispiele genannt.

Vertretene Künstler(innen):
Erhard Amadeus-Dier, Irene Andessner, Ona B., Walter Berger, Renate Bertlmann, Christa Biedermann, Kerstin Cmelka, Die Damen, Josef Danner, Deutschbauer/Spring, Peter Dworˇak, Friedrich Eckhardt, Anton Elsinger, Wolfgang Flatz, Karl Anton Fleck, Norbert Fleischmann, Karin Frank, Thomas Freiler, Hans Fronius, Magdalena Frey, Adolf Frohner, Sébastien de Ganay, Gelitin, Franz Graf, Manfred Grübl, Markus Hahn, Heidi Harsieber, Marcel Houf, Franz Hubmann, Rudolf Hausner, Gottfried Helnwein, Eva Hradil, Judith Huemer, Aurel Iselstöger, Gerhard Jaschke, Andreas Kalteis, Helmut Kandl, Josef Kern, Robert Klemmer, Broncia Koller-Pinell, Nikolaus Korab, Elke Krys­tufek, Lampalzer/Oppermann, Kurt Lang, Lena Lapschina, Rudolf Leitner-Gründberg, Isolde Joham, Gert Linke, Franz ­Luby, Marianne Maderna, Felix Malnig, Maximilian Melcher, Rudolf Mezensky, Elfriede Mejchar, Maximilian Melcher, Kurt Mikula, Walter Mirtl, Andreas Ortag, Hermann Josef Painitz, Florentina Pakosta, Rudolf Polanszky, Cora Pongracz, Wolfgang Pavlik, Heribert Potuznik, Arnulf Rainer, Helmut Rainer, Ramacher/Einfalt, Peter Rataitz, Werner Reiterer, Elisabeth von Samsonow, Didi Sattmann, Romana Scheffknecht, Egon Schiele, Hari Schütz, Fritz Simak, Chris­tian Skrein, Karl Spörk, TOMAK, Eva Wohlgemuth und Robert Zahornicky.
Im Verlag Bibliothek der Provinz ist ­eine reich bebilderte Publikation erschienen.
bis 26. April 2011

Franziska & Lois Weinberger – RUDERAL SOCIETY
Die Ausstellung präsentiert Zeichnungen, Texte, Fotos und Objekte von Lois Weinberger zum temporären Gartenprojekt ­Gebiet II, Spiegelfabrik Gars am Kamp 2007 bis 2010 sowie eine filmische Dokumenta­tion von Rudi Palla. Katharina Blaas-Prutscher kuratierte diese Weinberger-Schau. Eine Kooperation von Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich und Landesmuseum Niederösterreich. Im Schaugarten des Landesmuseums be­findet sich seit 2002 die Installation Garten.
bis 9. Januar 2011

Informationen
Landesmuseum Niederösterreich
Kulturbezirk 5, A-3100 Sankt Pölten
Tel. (+43-27 42) 90 80 90-999
Di–So und Fei 9–17 Uhr
[email protected]
www.landesmuseum.net

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