Die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien hat mit Herbst 2010 nach umfassenden Umbauarbeiten und mehr als zwei Jahren Schließzeit endlich wieder die Tore für ihre Besucher geöffnet: Entsprechend dem weltweit renommierten Rang ihrer Kunstwerke kann die Sammlung nunmehr auch mit einer zeitgemäßen musealen Infrastruktur aufwarten.
Ein neuer Lift bringt die Besucher nun direkt zum Museumseingang mit großzügigem Foyer, Garderobe und Museumsshop. Die gänzlich umgestalteten Sammlungsräume atmen nun wieder die beeindruckende Weitläufigkeit von Theophil Hansens historistischem Architekturkonzept, während die Neuhängung nunmehr einen Querschnitt durch die Sammlung bietet, der sich ausschließlich auf die rund 180 Spitzenwerke ihres Bestands konzentriert und deren Brillanz und Qualität hervorragend zur Geltung bringt.
Allem voran finden Kenner und Liebhaber hier das Weltgerichtstriptychon des Hieronymus Bosch mit seinen erschreckenden Visionen vom Schicksal der Menschheit, ihm zur Seite eine Reihe von ebenfalls um die Wende vom Spätmittelalter zur Neuzeit entstandenen Tafelbildern der altniederländischen und altdeutschen Schulen von Dirc Bouts bis Lucas Cranach dem Älteren. Unter den Spitzenwerken der italienischen Schule sind Gemälde von Botticelli, Tizian, Tiepolo und Guardi zu erwähnen. Die speziellen Schwerpunkte des Bestands liegen aber in den facettenrei-chen Genres der holländischen Malerei des 17. Jahrhunderts mit Gemälden von Rembrandt, Ruisdael und Asselijn sowie in einer Reihe von Hauptwerken von Peter Paul Rubens – darunter seine faszinierenden kleinformatigen Ölskizzen und die monumental angelegte Historie Boreas entführt Oreithyia. Die Wiener Schule hingegen ist präsent durch Werke von van Meytens und Maulpertsch und besonders von Friedrich Heinrich Füger als Vertreter des Klassizismus an der Akademie um 1800.
In ihrer über 300-jährigen Geschichte sind Gemäldegalerie und Akademie untrennbar miteinander verbunden. Den Grundstock der Sammlung bilden die jährlich prämierten Preisstücke und die Aufnahmewerke der Akademiemitglieder. Die eigentliche Geburtsstunde der Galerie schlug aber 1822, als Graf Lamberg-Sprinzenstein seine berühmte Gemäldesammlung an die Akademie stiftete – unter der Bedingung, sie für jedermann zugänglich zu machen. Damit entstand auch das erste Kunstmuseum in Wien.
Seit 1877 befindet sich die Gemäldegalerie in den eigens für sie konzipierten Räumen im ersten Stock von Theophil Hansens prunkvollem historistischem Akademieneubau.
Sie entspricht ihrem Wesen nach bis zum heutigen Tag der „Gräflich Lambergschen Gemäldegalerie an der Akademie der schönen bildenden Künste“, wie sie im 19. Jahrhundert tituliert wurde. Gleichzeitig gehört die Sammlung aber ebenso untrennbar zum Profil der Akademie und befindet sich – inmitten der Unterrichtsräume, Künstlerateliers und Malklassen – räumlich und organisatorisch im Verband mit der Kunstuniversität.
Bis 31. Januar 2011 zeigt die Gemäldegalerie in der Reihe IM FOCUS die Sonderausstellung Der jüngste Tag. Zwei Weltgerichtsdarstellungen aus dem Groeningemuseum in Brügge von Jan Provost (1525) beziehungsweise von Hieronymus Bosch und Werkstatt (vor 1516) geben die faszinierende Möglichkeit, im Spiegel mit dem hauseigenen Weltgerichtstriptychon von Hieronymus Bosch gesehen und gelesen zu werden.
Informationen
Gemäldegalerie der Akademie der
bildenden Künste Wien
Schillerplatz 3, A-1010 Wien
Tel. (+43-1) 588 16-2222, Di–So 10–18 Uhr
[email protected]
www.akademiegalerie.at
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