SandaleSchuh für den Lotosfuß aus China

So wird ein Schuh draus

Der Schuh – ein Gebrauchsgegenstand, der uns nicht nur täglich begleitet, sondern uns buchstäblich durch das Leben trägt. Ihm widmet die neue ­Sonderausstellung schuhtick. Von kalten Füßen und heißen Sohlen im Übersee-Museum Bremen ihre ganze Aufmerksamkeit und entführt die Besucher in vergangene ­Jahrhunderte und auf alle ­Kontinente.
Bahnhofsplatz 13, D-28195 Bremen

Zeitzeichen Schuhe
Wann der Mensch den Schuh erfand und welches Aussehen dieser hatte, hat sich nicht überliefert. Anthropologen sehen in Veränderungen von 40000 Jahre alten Zehenknochen, die im Vergleich mit anderen graziler ausfallen, Hinweise auf das Tragen von Schuhwerk. Südeuropäische Felsmalereien aus der Mittelsteinzeit geben erste bildhafte Zeugnisse von Menschen mit stiefelähnlicher Fußbekleidung. Die Ausstellung zeigt die älteste Bast­sandale Europas; sie ist 4900 Jahre alt und stammt aus dem Schlick des Bodensees aus der Pfahlbausiedlung Sipplingen.

Modische Raffinesse sowie Stilblüten zeigen die nachfolgenden Jahrtausende: Von römischen Caligae, mittelalterlichen Trippen, Absatzschuhen aus dem Barock (damals in erster Linie von Männern getragen) über zierliche Biedermeierstiefeletten und Notschuhe aus der Nachkriegszeit bis hin zu den Pfennigabsätzen der 1950er- und den Plateauschuhen aus den 1970er-Jahren.

Prominente und ihr Schuhtick
Bereits Ötzi, die Gletschermumie vom Hauslabjoch, besaß raffiniert kons­truiertes Schuhwerk, um den 3000 Meter hohen Alpenkamm zu überwinden. Jahrtausende später zog Heinrich IV. seine Schuhe vor Papst Gregor VII. aus und harrte der Legende nach Tage barfuß im Schnee vor der Burg Canossa, um dem Papst seine Demut zu zeigen und ihn zur Auflösung seines Kirchenbanns zu bewegen. Dagegen hatte Kaiserin Elisabeth von Österreich, Sisi genannt, Probleme mit ihren neuen Schuhen, die sie am Hof gemäß dem spanischen Hofzeremoniell bei offiziellen Anlässen zu tragen hatte. Da man damals Schuhe nur über ein und denselben Leisten fertigte und somit rechter und linker Schuh identisch waren, war das Einlaufen der Schuhe meistens eine schmerzhafte Prozedur.

Schuhticks in überdimensionalen ­Schuhkartons
Fußbekleidung wurde ursprünglich zum Schutz unserer Füße vor Hitze, Kälte oder dornigem Boden entwickelt. Doch aus dem nützlichen Bekleidungsstück wurde schnell ein Accessoire, das noch weitere Bedeutungen, zum Beispiel als Statussymbol, Kult­objekt, Glücksbringer, erotisches Signal oder Kunstobjekt, erhielt.

Diese Themenpalette zeigt die Ausstellung in vier riesigen begehbaren Schuhkartons. Der Blick in den Schuhkarton mit der Überschrift „Glaube und Glück“ zeigt zum Beispiel die Bedeutung des Schuhwerks in verschiedenen Lebensstationen auf. Die ersten Laufschuhe sind etwas ganz Besonderes, da sich das Kind in ihnen die Welt selbstbestimmt erobern kann. Zahlreiche Bräuche drehen sich um die Hochzeitsschuhe, vielleicht, weil Fuß und Schuh als Fruchtbarkeitssymbole gelten. Auch auf dem letzten Weg erweist sich die Fußbekleidung als wichtiger Begleiter; häufig wurden dem Toten spezielle Begräbnisschuhe angezogen oder Amulette in Schuhform ins Grab gelegt, um ihm den Weg in Jenseits zu erleichtern.

Dem Schuh auf der Spur
Archäologen, Historiker sowie Kultur- und Naturwissenschaftler widmeten sich dem Thema Schuhe aus unterschiedlichen Perspektiven und präsentieren neue und ungewöhnliche Sichtweisen auf ein vermeintlich vertrautes Bekleidungsstück. Über 400 Exponate erzählen von der fabelhaften Welt der Schuhe und lassen gleichzeitig das Leben ihrer Trägerinnen und Träger lebendig werden.

Informationen
schuhtick. Von kalten Füßen und heißen Sohlen
bis 28. März 2010
Die Ausstellung ist ein interdisziplinäres ­Kooperationsprojekt des LWL-Museums für ­Archäologie in Herne, der Reiss-Engelhorn-­Museen in Mannheim und des Übersee-­Museums in Bremen

Übersee-Museum Bremen
Bahnhofsplatz 13, D-28195 Bremen
Tel. (+49-421) 1603 8101
Di–Fr 9–18 Uhr, Sa und So 10–18 Uhr, Mo geschlossen, Sonderausstellung: Di 9–21 Uhr
[email protected]
www.schuhtick-ausstellung.de

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