Das Herz der RosePrinzessin Sabra zieht los

Einmaliges Kunstereignis in Deutschland

Märchenhafte Bilder von Edward Burne-Jones in der Staatsgalerie Stuttgart.
Konrad-Adenauer-Straße 30-32, D-70173 Stuttgart

Als einer der wichtigsten Vertreter spätviktorianischer Kunst zwischen Symbolismus und Jugendstil zählt Edward Burne-Jones – prominentes Mitglied der Künstlergruppe der Präraffaeliten – in England zu den bekanntesten und beliebtesten ­Malern seiner Epoche. Unter dem Titel Edward Burne-Jones: Das Irdische Paradies/ The Earthly Paradise widmet die Staats­galerie Stuttgart dem großen Maler in diesem Jahr die erste Einzelausstellung in Deutschland. In seinen monumentalen Erzählzyklen greift der Künstler auf Mythen, Legenden und Sagen zurück, die in der europäischen Kulturgeschichte eine wichtige Rolle spielen und den Betrachter direkt ansprechen. Neben der Perseus-­Folge, einem Hauptwerk präraffaelitischer Malerei, das sich seit 1971 im Besitz der Staatsgalerie befindet, präsentiert die Ausstellung herausragende Leihgaben aus internationalen Museen wie der Tate Britain, dem Victoria and Albert Museum, London, und dem Musée d’Orsay, Paris.

Die Ausstellung zeigt unter anderem Burne-Jones’ großformatige, auf die Ornamentik des Jugendstils verweisende Arbeiten zu Dornröschen oder die Tapisserien zu König Artus und den Rittern der Tafelrunde. Die Bilder laden den Betrachter in eine stille Welt voller Schönheit und Harmonie ein, in der Schrecken und Gefahr gleichwohl unterschwellig anwesend sind. Außerdem werden weitere wichtige Bilderzählungen in der Ausstellung zu sehen sein, wie Burne-Jones’ Arbeiten zu Pygmalion oder der großformatige, gemeinsam mit Walter Crane vollendete Zyklus zu Amor und Psyche. Ergänzt werden diese Bildfolgen von Einzelwerken zu religiösen Themen und Karikaturen, in denen der Künstler sich selbst oder Menschen seiner Umgebung in alltäglichen Situationen darstellt. Sie vermitteln ein lebendiges Bild davon, wie der Künstler sich selbst sah.

Die Bildfolgen zu Dornröschen, Perseus oder König Artus und den Rittern der Tafelrunde waren meist nicht als isolierte Kunstwerke konzipiert, sondern Teil ­einer umfassenden Raumausstattung mit Möbelstücken, Tapeten, Glasmalereien und anderen plastischen oder textilen Arbeiten. Für diesen Aspekt im Schaffen von Burne-Jones ist seine lebenslange Freundschaft mit William Morris, einem der Väter des modernen Designs, von großer Bedeutung. Dessen Theorien über die Verbindung von Kunst und Leben durch ein auf die Bedürfnisse der Menschen abgestimmtes Kunsthandwerk und die gemeinsame Arbeit und Umsetzung dieser Ideen in der 1861 gegründeten Firma Morris, Marshall, Faulkner & Co. trugen wesentlich zu Burne-Jones’ Entwicklung als dekorativer Künstler bei und gaben ihm immer wieder neue Impulse.

Die Ausstellung in der Staatsgalerie zeigt anhand von ausgewählten Arts-and-Crafts-Objekten, wie sich Malerei und Design in Burne-Jones’ Schaffen gegenseitig befruchteten. Neben den Gemälden und Gouachen zu Dornröschen ist beispielsweise eine von Burne-Jones entworfene Wanddekoration aus Keramikplatten zu sehen, die ebenfalls das Märchen illustriert und für ein Privathaus gedacht war. Die Suche nach dem Heiligen Gral hielt der Künstler nicht allein in sechs monumentalen Tapisserien fest; er entwarf außer­dem vier Glasfenster, die ebenfalls die mittelalterliche Legende darstellen. Häufig wurde die Ausstattung ganzer Räume mit verschiedenen Einrichtungsgegenständen und Wanddekorationen arbeitsteilig umgesetzt. Während Morris eher für ornamentale Tapeten und Textilien zuständig war, entwarf Burne-Jones meist die figurativen Szenen, die dann oft auch von anderen Mitarbeitern der Firma ausgeführt wurden.

Der Titel der Ausstellung verweist auf eine der wichtigsten literarischen Quellen, aus der Burne-Jones die Inspiration für seine erzählerischen Zyklen bezog: William Morris’ Erfolgsbuch The Earthly Paradise. Morris dichtete für das auf vier Bände angelegte Werk über 40000 Verse, während sein Freund Burne-Jones 200 bis 300 Illustrationen schuf. Das gemeinsame Buchprojekt – von den beiden ehrfürchtig „The Big Book“ genannt – beschäftigte sie von 1861 an über mehrere Jahre hinweg. Morris fasste dafür klassische Mythen, altnordische Sagen und mittelalterliche Legenden in ­eigene Verse und schuf so eine Sammlung von tradierten abendländischen Erzählungen aus verschiedenen Jahrhunderten.

Informationen
bis 7. Februar 2010
Staatsgalerie Stuttgart, Konrad-Adenauer-­Straße 30–32, D-70173 Stuttgart
Tel. (+49-711) 47 0 40-0
Mi, Fr–So 10–18 Uhr, Di und Do 10–20 Uhr,
Mo geschlossen
Buchung von Gruppenführungen:
Tel. (+49-711) 47 0 40-452 und -453
[email protected]
www.burne-jones-stuttgart.de

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