Auf der Kriegsruine der spätgotischen Kirche Sankt Kolumba aufgebaut, schützt das Museum Grundmauern römischer Wohnhäuser und die bis in die Zeit um 700 zurückreichenden Zeugnisse der Kirchenbauten mit Gräbern und Grüften an dieser Stelle; es behaust die 1950 in die Ruine hineingebaute Kapelle „Madonna in den Trümmern“ von Gottfried Böhm, und es beheimatet in 21 Räumen die eigene Kunstsammlung mit Werken von der Spätantike bis zur Gegenwart. Ort, Architektur und Sammlung umspannen mehr als 2000 Jahre abendländischer Kultur.
Kolumba bietet Betrachtungs- und Denkmöglichkeiten an, die sich mit der im Bau ablesbaren und erfahrbaren Geschichte des Orts und der ästhetischen Qualität seiner Räume verbinden. Das inszenierte Miteinander von Kunstwerken unterschiedlicher Zeiten und Herkunft als poetische und erinnerungsfähige Bilder hat seinen Ausgangspunkt und Schwerpunkt immer in den Werken der Kunst, in ihren Inhalten, ihrer Ausstrahlung, ihrer Ästhetik.
Wenn sich Kolumba nun bis zum 30. August 2010 mit Hinterlassenschaft beschäftigt, ist es bei seinem ureigenen Thema. Der Ausstellungstitel bezieht sich auf eine Videoarbeit des 1945 geborenen Münchner Künstlers Kurt Benning, Hinterlassenschaft – Ein deutsches Erbe. Sämtliche Gegenstände aus einer von ihren Bewohnern endgültig verlassenen Wohnung werden kurz vor deren Auflösung beschrieben. Die Aufzählung dieser mit Erinnerungen und Assoziationen verbundenen Dinge ist Ausgangspunkt für die Auswahl der gezeigten Werke. Die Ausstellung macht bewusst, was zurückbleibt: Dinge, die uns bergend umhüllen, die wir gestalten und benutzen, die wir sammeln, mit denen wir spielen und an denen wir arbeiten. Zu diesen Dingen, die ihren Ort im Museum gefunden haben und permanent ausgestellt sind, zählen Stefan Lochners Muttergottes mit dem Veilchen als Epitaph der Elisabeth von Reichenstein, die Tragedia Civile des Arte-povera-Künstlers Jannis Kounellis mit dem zurückgelassenen Hut und Mantel, kostbare Monstranzen und Reliquiare aus dem Kirchenschatz von Sankt Kolumba und unter freiem Himmel, in der Ruine der ehemaligen Sakristei, die Skulptur Die Untergegangenen und die Geretteten von Richard Serra.
Dialogische Gegenüberstellungen laden dazu ein, den Blick auf die Dinge zu weiten und die eigene Perspektive zu verändern. Modezeichnungen der Fifties von Paul Thek, hinterlassene Kleidung wie eine koptische Tunika, kostbar bestickte liturgische Gewänder sowie Soutanen, Umhang und die Cappa magna des 1978 verstorbenen Kölner Kardinals Josef Frings werfen im Miteinander andere Fragen auf als im Gegenüber mit Fotoarbeiten von Duane Michals oder Jürgen Klaukes lebensgroßer fotografischer Selbstinszenierung Desaströses Ich: Ist Kleidung mehr als Schutz vor Kälte?. Warum legte man vor 1400 Jahren einem ägyptischen Kopten eine Tunika ins Grab? Welche Aussage verbindet sich mit dem Tragen eines liturgischen Gewands, einer Soutane, der Cappa magna? Prägt der Träger die Kleidung oder umgekehrt? Und wenn der Künstler Stefan Wewerka einen Stuhl mit dem Sockel der barocken Muttergottes mit Kind von Jeremias Geisselbrunn verbindet, die französische Fahne mit Reißverschlüssen versieht oder in seinen Zeichnungen streng konstruierte Palladio-Bauten sich krümmen lässt, dann erschüttert er festgefügte Kategorien.
Besucher können Kolumba intuitiv oder intellektuell erfahren. Die Ausstellung lädt dazu ein, dem impulsgebenden Gedanken der Hinterlassenschaft nachzugehen, sich intensiv mit einzelnen Werken auseinanderzusetzen oder mögliche Beziehungsgeflechte zwischen den Dingen zu entdecken, vielleicht aber auch wiederzukommen und das bereits Gesehene neu zu sehen. Alle diese Möglichkeiten bieten sich auch außerhalb der Öffnungszeiten im konzentrierten Gespräch mit Kunsthistorikern und Kuratoren von Kolumba, unterstützt durch das gesamte Team und den Service der Firma WWS-Strube.
Informationen
Kolumba, Kunstmuseum des Erzbistums Köln
Kolumbastraße 4, D-50667 Köln
Hinterlassenschaft
Ausstellung mit Werken der eigenen Sammlung bis 30. August 2010; geöffnet täglich außer Di 12–17 Uhr
Führungsbuchungen:
Tel. (-49-221) 9331 9332 (Mo–Fr 10–12 Uhr)
Keine Führungen während der allgemeinen Öffnungszeiten
www.kolumba.de
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