Die Liebe des Sammlers Oscar Ghez de Castelnuovo galt vor allem der französischen Malerei der Zeit von 1870 bis 1930/40. Daher enthält die Sammlung große Werkkomplexe der Impressionisten, der Post- und Neoimpressionisten, der Nabis, Fauves, Kubisten und von Vertretern der sogenannten ersten École de Paris. Neben Gemälden von so berühmten Künstlern wie Édouard Manet, Auguste Renoir, Edgar Degas, Henri de Toulouse-Lautrec, Maurice Utrillo, Marc Chagall oder Pablo Picasso enthält die Sammlung zahlreiche Werke von kaum weniger bekannten Künstlern wie Tamara de Lempicka, Raoul Dufy, Chaim Soutine, Auguste Chabaud, Maurice Denis, Paul Ranson, Louis Valtat, Suzanne Valadon, Henry van de Velde, Théophile Alexandre Steinlen, Moise Kisling oder Kees van Dongen.
Die Auswahl beschränkt sich vorwiegend auf Landschaften und figürliche Kompositionen, da sich an diesen Genres die unterschiedlichen künstlerischen Auffassungen und Vorgehensweisen besonders deutlich nachvollziehen lassen. Den Auftakt bilden Werke der Impressionisten, die in ihren Landschafts- und Menschendarstellungen die Formen im Spiel des wechselnden Lichts aufzulösen beginnen, um so in Form einer „Momentaufnahme“ spezifische Stimmungen oder Situationen zu gestalten. Ein beliebtes Motiv der Impressionisten war die Landschaft, die sie ohne historisierendes oder mythologisches Beiwerk malten, aber auch die großstädtischen Pariser Boulevards mit ihrem flutenden Leben, weshalb man sie auch als „peintres de la vie moderne“ bezeichnet hat. Dies wird in der Ausstellung mit den Werken von Armand Guillaumin, Marie Bracquemond oder Gustave Caillebotte dargestellt, die das Bild der impressionistischen Malerei ganz wesentlich mitgeprägt haben.
Auch für die Neoimpressionisten bleibt die Landschaft neben der Darstellung von Personen und Interieurs das wichtigste Thema ihrer Malerei. An den Landschaften und Figurendarstellungen von Maximilien Luce und Louis Valtat lässt sich gut nachvollziehen, auf welch unterschiedliche Weise die Künstler die „divisionistische“ Malweise einsetzten, um ihre Theorie in Bilder umzusetzen. Ende der 1880er-Jahre entstand in Pont-Aven eine künstlerische Bewegung, die unter dem Begriff „Synthétisme“ bekannt wurde. Durch ihre formale Vereinfachung in Verbindung mit der antinaturalistischen Farbigkeit erhalten die Gemälde häufig eine metaphysisch-religiöse Wirkung, die vor allem Künstler wie Maurice Denis und den Kreis der Nabis und in ihrer Nachfolge die Symbolisten intensiv ansprach. In den Gemälden von Maurice Denis lässt sich diese neue Auffassung in der Malerei ebenso nachvollziehen wie in denen von Louis Valtat.
Die Bestände des Musée du Petit Palais ermöglichen wie kaum eine andere europäische Sammlung einen umfassenden Überblick über die Vielfalt, die künstlerische Qualität und den formalen Reichtum des künstlerischen Schaffens in Paris vom Impressionismus bis zur École de Paris.
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