Foto: Marlene Dietrich ,1960Foto: Helene Weigel, 1950Foto: Joseph Beuys, 1967

Liselotte Strelow

Sie wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden – Liselotte Strelow, eine der teuersten Fotografinnen Deutschlands während der 40er-, 50er- und 60er-Jahre. Aus diesem Anlass widmet ihr das Rheinische LandesMuseum Bonn eine Retrospektive und versammelt somit das Who’s who der jungen Bundesrepublik Deutschland an seinen Wänden.
Colmantstraße 14-16, D-53115 Bonn

Am 11. September 1908 wurde „die Strelow“ in Redel (Pommern) geboren und begann 16 Jahre später ihre Ausbildung zur Landwirtin. Doch kaum war diese beendet, zog es sie nach Berlin, um an Fotokursen der Schule des Lette-Vereins teilzunehmen – wohl die richtige Entscheidung, wenn man bedenkt, dass Liselotte Strelow von Politik bis Theater alles mit Rang und Namen im jungen Nachkriegsdeutschland vor ihrer Linse gehabt hat.
Den Grundstein für ihre Karriere legte sie durch die Mitarbeit im Studio der jüdischen Fotografin Suse Byk. Als die Lehrmeisterin während des Zweiten Weltkriegs fliehen musste, übernahm Strelow auf ihre Bitten hin das Studio und gelangte zu großem Ansehen. Mit dem Namen Byk konnte sie selbstredend nicht mehr werben, das Studio aber leitete sie bis zu seiner kompletten Zerstörung kurze Zeit später erfolgreich weiter.
Auf der „Kö“ in Düsseldorf eröffnete sie schließlich 1950 ihr eigenes Studio und spezialisierte sich auf Porträt- und Theaterfotografie. Schon um sich von den übrigen Fotografen abzuheben, verlangte die „Grande Dame der Fotografie“ 100 D-Mark pro Bild, kurz nachdem alle Deutschen mit 40 D-Mark und einer Nachzahlung von 20 D-Mark anno 1948 in eine neue Zeit starteten.
„Porträt, wie ich es verstehe, heißt: in einem Bilde so viele von hundert verschiedenen Charakterzügen, Wesenszügen eines Menschen zu sammeln wie möglich“, sagte die Fotografin einst und hat es sogar geschafft, mit vielen ihrer Bilder die kollektive Erinnerung an Persönlichkeiten wie Theodor Heuss oder Marlene Dietrich zu prägen. Neben Aufnahmen von der Autorin Ingeborg Bachmann, dem Kanzler Konrad Adenauer, dem Künstler Joseph Beuys oder dem sündhaft-weiblichen Gegenstück zur prüden Wirtschaftswunderzeit, Hildegard Knef, um nur einige von 250 „Prominenten“ zu nennen, öffnet die Retrospektive im LandesMuseum einen Blick in die Werkstatt der Künstlerin. Sie präsentiert neben Zustandsdrucken und Kontaktbogen auch viele bislang nicht veröffentlichte Porträtaufnahmen, welche die Gesellschaft Photo Archiv e. V. für das Museum zusammengetragen hat.
Die Ausstellung zeigt aber nicht nur die Werke der Strelow, die alles andere als Schnappschüsse sind – im Gegenteil, ihre Bilder sind minutiös geplante Aufnahmen, die sie im Labor penibel mit Tusche und Skalpell nachbearbeitet hat –, sondern ist darüber hinaus gleichzeitig das Porträt einer Generation, „die das Schauspielern gelernt hat, der man ihre Vergangenheit nicht ansieht“, so Klaus Honnef, der Ausstellungsleiter.
Ein Kapitel der Schau heißt beispielsweise „Architekten des Wiederaufbaus“ und stellt Architekten wie Hans Scharoun oder Hans Schwippert politischen „Baumeistern“ wie Konrad Adenauer oder Kurt Schumacher gegenüber. Aber auch Protagonisten der Publizistik von Rudolf Augstein bis Axel Springer oder der Kultur wie Gustaf Gründgens und Günter Grass werden hier wieder lebendig. Der Besucher steht im Angesicht mit den Begründern der Bundesrepublik Deutschland.
Liselotte Strelow (1908–1981) – Retrospektive

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