Kein Fotokünstler der Gegenwart ist so bekannt wie der 1955 in Leipzig geborene Andreas Gursky. Das hat nicht zuletzt mit den Superlativen zu tun, die sich an sein Werk heften. Er ist der erste deutsche Fotograf, dem das Museum of Modern Art in New York eine Einzelausstellung ausgerichtet hat.
Ein Abzug seines Diptychons 99 cent wurde 2007 für 3,3 Millionen Dollar verkauft und damit zur teuersten Fotografie aller Zeiten. Auch bei der Wahl seiner Formate bevorzugt der Fotograf den Superlativ: Sechs Quadratmeter große Bilder sind keine Seltenheit in seinem Werk. Solche Dimensionen streben ins Erhabene und überwältigen durch schiere Präsenz. Die Aufnahmen des Künstlers sind von außergewöhnlicher Tiefenschärfe und zeigen aus der Nähe wie aus der Ferne Wirkung.
Andreas Gursky ist der Kaiserringträger 2008 der Stadt Goslar. Aus Anlass dieser Ehrung stellt das Mönchehaus Museum Goslar sein Schaffen in einer Art Übersichtsschau vor. Für sie hat der renommierte Künstler etwa 60 seiner früheren Fotografien im Tafelbildformat (zirka 50 ¥ 70 Zentimeter) ausdrucken lassen. Die Bilder stellen in gewisser Weise ein Archiv der Aufnahmen des Fotografen dar und werden als Fries präsentiert.
Im Vergleich mit ihnen geben die Großaufnahmen in der Ausstellung den sinnlichen Eindruck der originalen Werke wieder und vermitteln dem Betrachter eine genaue Vorstellung davon, wie grandios und einmalig Andreas Gursky Welt und Wirklichkeit in seinen Fotografien zu inszenieren weiß.
Die Goslarer Kaiserringstipendiatin des Jahres 2008
Die Goslarer Kaiserringstipendiatin des Jahres 2008 heißt Haïdée Henry. Die 1978 in Frankreich geborene Künstlerin hat bei Annette Messager studiert und 2006 die École Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris als Jahrgangsbeste abgeschlossen.
Seitdem arbeitet sie in Zeichnungen und Installationen an der Entwicklung eines theatralisch sich präsentierenden, mythopoetischen Weltbilds, in dem wie in Fabel und Märchen die Dinge belebt sind und die Tiere zu Stellvertretern des Menschen werden. Dabei geht es hinter der zauberhaften Inszenierung um existenzielle Grundfragen, um Macht und Durchsetzung, Liebe und Sexualität.
Ihre durch Motoren bewegten Höl-
zer (2006) prügeln in archaischer Wut aufeinander ein. Sie sind Metonymien menschlicher Aggression. Der Wolf (2007) liegt wie im Märchen vom Rotkäppchen im Bett und zeigt libidinöse Gelüste, sobald sich ein Besucher zu ihm setzt. Die Venus (2005) ist ein furchterregendes Augentier und das gefiederte Mädchen in Autre ment (2007) ein ambivalentes Trugbild.
Die Doppelnatur des Menschen, schwankend zwischen Gefühl und Verstand, Trieb und Regeln, Pflicht und Neigung, veranschaulicht Henry in einer Reihe hinreißender Zeichnungen (2006). Deren Protagonisten sind Kinder, dargestellt im Stil des 19. Jahrhunderts. Bis zur Hüfte sind sie artige, bekleidete Wesen. Ihr nackter Unterleib indes gefällt sich in wilden Kopulationen und Perversionen.
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