Slowenien und Kärnten sind zwei Länder mit vielen Gesichtern. Ihr kulturelles Erscheinungsbild ist durch die Verbundenheit mit verschiedenen Zentren geformt, aber trotz ihrer Lage im Herzen Europas sind sie an den Rand eines lebhafteren Pulsschlags benachbarter Regionen gedrängt worden. Sowohl Kärnten als auch Slowenien bestimmt die geistige Nachfolge einer „gotischen“ Empfindung. Es scheint, dass die mittelalterliche Tradition aus jener Zeit, als über diesen Flecken Erde wichtige Handels-und Kunstwege verliefen, die Gegend für immer gekennzeichnet hat. Moderne künstlerische Bestrebungen waren im 20. Jahrhundert dieser elementaren Verwachsung mit der Überlieferung eines in sich versunkenen, auf das lokale Idiom orientierten Lebens gefolgt. Diese hatte im Charakter der Menschen – und Künstler – eine erkennbare Ernsthaftigkeit und auf humanistische Grundlagen fokussierte Kontemplation hinterlassen, die ihren Blick immer wieder auf den Menschen selbst richtet. Slowenische und Kärntner Künstler waren immer radikal in der Erforschung der menschlichen Existenz. Sie fanden in ihrem Schaffen zu suggestiven ästhetischen und formalen Aussagen über Sein und Vergehen, die der slowenische Kritiker und Theoretiker Tomaž Brejc einen „dunklen Modernismus“ nannte.
Wer hat die Einsamkeit des Lebens so erfasst wie Gabriel Stupica (1913–1990)? Für wen hat sich die rote Farbe so sehr in Blut verwandelt wie für Marijo Pregl (1913–1967)? Wer hat die körperliche, sexuelle Erfahrung der Welt in den abgebildeten Menschen so realisiert wie Veno Pilon (1896–1970)?
Wer hat seinen Glauben in die Form des menschlichen Maßes so offenbart wie Janez Bernik (geboren 1933)?
Wer hat die „verhüllten Klänge“ des heimlichen Brodelns des Lebenssafts ebenso feinfühlig wahrgenommen wie Zdenko Huzjan (geboren 1948)?
Und wer hat mit einem unbarmherzigeren Blick ins Jenseits die Empfindlichkeit der menschlichen Existenz mehr entblößt als Jože Tisnikar (1928–1998)?
Die existenziellen, zum künstlerischen Ausdruck gewordenen Erfahrungen machen früher oder später die festen Begriffe zunichte – fraglich werden Mensch und Welt, gesellschaftliche Verhältnisse und der Wert menschlicher Handlungen. Was den Künstlern letztlich bleibt, ist der KÖRPER – aus ihm resultiert die Erfahrung, und mit ihm ist Erfahrung erst möglich.
Die Ausstellung im Werner Berg Museum zeigt grundlegende Arbeiten slowenischer Maler und Bildhauer aus den bedeutendsten nationalen Sammlungen. In Themenkreisen entsteht ein Überblick über die slowenische figurative Kunst von der Zeit des Bruchs mit der Tradition am Beginn des 20. Jahrhunderts über expressionistische Meisterwerke, den magischen Realismus vor und nach dem Zweiten Weltkrieg, über existenzialistische Bilder der Einsamkeit, surrealistische und fantastische Visionen, postmodernistische figurative Gestaltungen bis zu abstrakten Arbeiten, die im erstarrten spiegelbildlichen Medusenblick den Bildkörper selbst erforschen. Die Ausstellung ergänzen Skulpturen und Videodokumente.
Das gemeinsame Ausstellungsprojekt Körperbilder im Werner Berg Museum in Bleiburg und in der Kunstgalerie in Slovenj Gradec verbinden ausgewählte Werken zweier großer Meister der figurativen Malerei mit expressiver Brisanz als roter Faden: des Wahlkärntners Werner Berg (1904–1981) und des Slowenen Jože Tisnikar (1928–1998).
Die Ausstellung „Körperbilder” in der Kunstgalerie in Slovenj Gradec präsentiert Arbeiten der hervorragendsten Vertreter der modernen und zeitgenössischen figurativen Kunst aus Kärnten, überwiegend aus Sammlungen des Museums Moderner Kunst in Klagenfurt: Arnulf Rainer, Maria Lassnig, Kurt Kocherscheidt, Kiki Kogelnik, Reimo Wukounig, Valentin Oman, Hugo Wulz, Birgit Pleschberger, Cornelius Kolig, Hermann Falke und anderer.
10. Mai bis 9. November 2014
Informationen
Werner Berg Museum
10.-Oktober-Platz 4, A-9150 Bleiburg
Tel. +43 (0) 42 35/21 10-27 oder -13
Di–So 10–18 Uhr
http://www.wernerberg.museum
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