Wesentlich weniger erforscht und präsent als der fast gleichzeitig aufkommende Impressionismus, bewahren die mythologisch-märchenhaften Bildwelten des Symbolismus bis heute die Aura des Geheimnisvoll-Unergründlichen. Zwischen Natursehnsucht und Fortschrittsglauben, zwischen Tradition und Moderne tritt seit den 1870er-Jahren der Symbolismus als ein gesamteuropäisches Phänomen hervor. Ausgehend von den Vorreitern dieser Kunst, Arnold Böcklin, Hans von Marées und Anselm Feuerbach, zeigt die Ausstellung die thematische Vielfalt des deutschen Symbolismus, der seine Wurzeln in der Romantik hat und mit seinen Bildern einer paradiesisch zeitlosen Einheit von Mensch und Natur auf expressionistische Auffassungen vorausweist. Mit einer neuen Spiritualität reagiert er auf den Materialismus der Gründerzeit, auf die neuen, teils verstörenden Erkenntnisse aus Wissenschaft und Psychoanalyse und auf die rasante Entwicklung von Industrie und Technik. Die Symbolisten verherrlichen in Darstellungen von Hirtenidyllen und ungezwungenen Tanzreigen gleichermaßen das Reine, Edle und Erhabene wie auch in bacchantischen Zügen die dunkel-triebhafte Seite des menschlichen Wesens.
Zu den großen Themen von Künstlern wie Franz von Stuck, Max Klinger, Ludwig von Hofmann bis zu Lovis Corinth gehören biblische Allegorien und antike Mythen, Träume, Visionen, Sexualität und Ekstase. Die Rolle der Frau erfährt eine Neubewertung, und das Verhältnis der Geschlechter zueinander wird infrage gestellt. So bilden die Gemälde Die Sünde Franz von Stucks und Lovis Corinths Salome Höhepunkte dieser Ausstellung.
Die Kunst verbindet Elemente der Tradition mit modernen Auffassungen und bedient sich einer akademisch-realistischen Malweise ebenso wie einer betonten Farbigkeit. So stellt die symbolistische Kunst im historisierend-mythologischen Gewand bereits die bürgerlichen Konventionen der wilhelminischen Gesellschaft zur Diskussion und wird zum Vorboten des gesellschaftlichen Wandels in der Endphase des deutschen Kaiserreichs. Die Ausstellung ermöglicht einen fesselnden Einblick in eine faszinierende, wieder neu zu entdeckende Epoche der Kunstgeschichte. Die Ausstellung wird von der Stiftung der Sparkasse Bielefeld und den Stadtwerken Bielefeld gefördert.
24. März bis 7. Juli 2013
Informationen
Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog im Kerber Verlag. Museumspreis 24,95 Euro, Buchhandelspreis zirka 45 Euro
Kunsthalle Bielefeld
Artur-Ladebeck-Straße 5
D-33602 Bielefeld
Tel. +49 (0) 521/329 99 50-19
www.kunsthalle-bielefeld.de
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