Jacques Jordaens (1593–1678) gilt neben Peter Paul Rubens und Anthonis van Dyck als einer der drei großen Antwerpener Barockmaler des 17. Jahrhunderts. Lange Zeit stand er allerdings im Schatten dieser beiden Zeitgenossen und galt im Gegensatz zu diesen als volksnaher Maler gutbürgerlicher Gesellschaften ohne intellektuellen Anspruch. Insbesondere das 19. Jahrhundert verklärte ihn in einer nationalistischen Vereinnahmung zum flämischen Volksmaler, in dessen Darstellungen fröhlicher Gesellschaften sich das belgische Großbürgertum selbst bespiegeln konnte. Die flämische Benennung als „Jacob Jordaens“ dominierte so auch lange Zeit die Kunstgeschichte, obwohl Jordaens mit dem Vornamen „Jacques“ signierte und auch in Aufträgen so benannt wurde.
Die große Sonderausstellung Jordaens und die Antike revidiert dieses traditionelle Bild, indem sie die zahlreichen Bezüge zwischen der Kunst von Jacques Jordaens und antikem Bildungsgut nachweist. Die Antike galt zur Zeit von Jordaens als Epoche der Vorbildlichkeit, und die Auseinandersetzung mit ihr forderte nicht nur höchste Bildung, sondern demonstrierte auch höchsten künstlerischen Anspruch. Nicht nur antike Kunstwerke, sondern auch Fabeln und Mythen wurden von Jordaens rezipiert und immer wieder neu bearbeitet. In den einzelnen Abschnitten der Ausstellung erfährt der Besucher sowohl Wissenswertes über das Antikenstudium, über Jordaens als Maler und als Zeichner als auch über die verschiedenen Mythen, die Jordaens in immer neuen Varianten darstellte. Am bekanntesten ist vielleicht die Fabel Der Satyr beim Bauern von Äsop, die Jordaens in zahlreichen Fassungen schuf und sich hierauf regelrecht spezialisierte. Sein Zugang zur Antike ist höchst originell, seine Götter und Helden wirken erdverbundener als bei seinen Zeitgenossen und gleichzeitig dem Betrachter näher. Schließlich sind es die besonderen Qualitäten seiner Kunst, die Jordaens nach dem Tod seines Konkurrenten Rubens den Antwerpener Kunstmarkt für fast vier Jahrzehnte erfolgreich beherrschen ließen.
Die Ausstellung Jordaens und die Antike ist das Ergebnis einer Kooperation der Museumslandschaft Hessen Kassel mit den Museen der Schönen Künste Belgiens in Brüssel und wird am 1. März 2013 eröffnet. Über 100 Werke von Jordaens, seinen Zeitgenossen sowie antike Kunstwerke sowohl aus großen Museen Europas als auch aus Privatsammlungen machen die Wechselwirkung zwischen der Antike und Jacques Jordaens sinnfällig. Die Präsentation im Museum Fridericianum ist zudem die erste monografische Werkschau von Jordaens in Deutschland überhaupt! Bundespräsident Joachim Gauck sowie Seine Majestät König Albert II. von Belgien haben die Schirmherrschaft der Ausstellung übernommen.
Die ebenfalls im Museum Fridericianum eröffnende Begleitausstellung Jordaens und die Moderne, die eigens für Kassel konzipiert wurde, erweitert den Blick auf Jordaens in die Gegenwart, indem sie die Wirkung von Jordaens’ Arbeiten in zeitgenössischer Kunst verfolgt. Ausgewählt werden hiezu Arbeiten von drei zeitgenössischen Künstlern – Johannes Grützke, Hubertus Giebe und Rainer Mordmüller –, die sich dezidiert mit Jordaens auseinandersetzen. Dessen Themen und Motive, aber auch Stil und Kompositionsweisen scheinen hier neu auf, inspirieren, werden variiert, transponiert, übersetzt und fortgesetzt. Mehr als 60 moderne Gemälde, Grafiken, Skizzen und Plastiken machen die Aktualität dieses Alten Meisters in unmittelbarer Nähe zu einer umfassenden Schau von dessen Originalen eindrücklich erfahrbar.
1. März bis 16. Juni 2013
Informationen
Museumslandschaft Hessen Kassel
Postfach 41 04 20, D-34066 Kassel
Tel. +49 (0) 561/31 6 80-0
www.museum-kassel.de http://jordaens-ausstellung.posterous.comAusstellungsort: Museum Fridericianum
Friedrichsplatz 18, D-34117 Kassel
Di–So & Fei 10–17 Uhr, Do 10–20 Uhr
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