„Die Antwort bist du selbst!“

Im Lauf seines Lebens erhielt Hermann Hesse Zehntausende Zuschriften von Lesern, die nach der Lektüre seiner Bücher solches Vertrauen zu diesem Schriftsteller gefasst hatten, dass sie ihm schrieben und um Rat bei ihren eigenen Lebensproblemen fragten. Oft waren es überdurchschnittlich begabte junge Menschen, denen die Anpassung an das Vorgegebene, die Erwartungen der Eltern und Schulen unter den verschiedenen politischen Systemen seit der Jahrhundertwende zu schaffen machten. Aber auch Generationskonflikte, Pubertäts- und Partnerprobleme, religiöse Zweifel, Fragen der Berufswahl, der weltanschaulichen Bevormundung und Probleme der Gruppendynamik sind durchgängige Themen dieser Briefe. Obwohl ihm das Beantworten solcher Zuschriften eine schier unerträgliche Last war, weil es ihn daran hinderte, seine eigenen Projekte zu verwirklichen, hat er sich dieser Sozialarbeit dennoch unterzogen, da er sich für die Wirkungen seiner Bücher verantwortlich fühlte. Hinzu kam der Austausch mit seinen Schriftstellerkollegen und Künstlerfreunden, den Verwandten, Söhnen und Enkeln, aber auch seinen Mäzenen, Ärzten, Verlegern und Redakteuren. Einige dieser Briefwechsel sind ver­öffentlicht, doch die Mehrheit wartet noch auf ihre Erschließung.
Die 14. Silser Hesse-Tage illustrieren am Beispiel einiger charakteristischer Korrespondenzen diesen weitgehend unbekannten Bereich von Hesses Einsatz, der immerhin ein Drittel seiner Arbeitskraft absorbiert hat. Diese Tagung eröffnet die Sommersaison im traditionsreichen Fünf­sternehotel Waldhaus in Sils Maria und dauert von Donnerstag, dem 13., bis Sonntag, den 16. Juni 2013.
Neben Adolf Muschg und Michael Kleeberg konnten auch in diesem Jahr wieder prominente Referenten und Hesse-Forscher gewonnen werden, wie in den Vorjahren Eugen Drewermann, Arnold Stadler, Rüdiger Safranski und Peter Sloter­dijk. Damit setzt das Kulturprogramm des Waldhauses seine altbewährte Tradition mit Gästen aus Literatur, Kunst und Musik fort, die mit Künstlern wie unter anderem Marc Chagall, Thomas Mann, Clara Haskil, Arthur Honegger, Rudolf Serkin, Richard Strauss, Friedrich Dürrenmatt und last, but not least Hermann Hesse begonnen hat, der hier in den Sommermonaten von 1949 bis 1961 insgesamt 370 Tage verbrachte.
Die Silser Hesse-Tage haben sich in den vergangenen Jahren zu einem viel beachteten Forum entwickelt, das einen Dialog zwischen interessierten Leserinnen und Lesern, bekannten Autoren, Vertretern der Literaturwissenschaft, Schauspielern und Musikern ermöglicht. Das vielseitige Programm der 14. Silser Hesse-Tage richtet sich einerseits an Kennerinnen und Kenner von Hesses Werk, anderseits an alle Interessierten, die auf diesem Weg einen der weltweit meistgelesenen Schriftsteller näher kennenlernen möchten. Programmgestaltung und Moderation liegen in den Händen von Volker Michels, dem Herausgeber der Hesse-Gesamtausgabe im Suhrkamp-Verlag, Michael Limberg, Koleiter der Internationalen Hermann-Hesse-Kolloquien in Calw, und von Rudolf Probst, dem stellvertretenden Leiter des Schweizerischen Literaturarchivs.
Die Vorträge können entweder mit einem Tagungspass oder auch einzeln besucht werden.
16. bis 19. Juni 2013