Die attraktive Ausstellung Verlorenes Geld. Inflation und Finanzkrise gestern und heute des Münzkabinetts der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden ist in die Dauerausstellung des Waffenmuseums Suhl „eingebaut“ und vermittelt hochinteressante Einblicke in die Geschichte des Geldes.
Die Ausstellung spannt den Bogen von der Antike bis zur Gegenwart. Gezeigt werden zahlreiche Originalstücke des Münzkabinetts – Münzen, Banknoten, Notgeld, Aktien und andere Wertpapiere, zudem Werke zeitgenössischer Künstler mit einem subjektiven Blick auf das Thema „Geld“. Texte und Illustrationen veranschaulichen die Geschichte der Inflationen und Finanzkrisen in ihren größeren Zusammenhängen.
Zunächst erfährt der Besucher, was Geld ist – nämlich Vertrauenssache –, und was Geld nicht ist: krisensicher. Einige Formen von Geld werden in einer Geldtruhe präsentiert, von der Kaurimuschel bis zur Geldkarte. Solider als Muschelschalen kommen uns Gold- und Silbermünzen vor. Doch dieser Eindruck täuscht. Auch im Münzgeld ist nicht immer alles drin, was draufsteht. In Kriegs- und Krisenzeiten werden die Münzen kleiner und leichter, Silber und Gold werden durch Kupfer und andere billige Metalle ersetzt. Beispiele für diesen Vorgang finden sich schon in der Antike. Die Ausstellung zeigt römische Münzen aus der Zeit des Zweiten Punischen Kriegs (218–201 v. Chr.) und aus dem dritten nachchristlichen Jahrhundert. Schinderlinge (1457/60), Kipper- und Wippermünzen (1618/23) und sogenannte Ephraimiten (1756/63) dokumentieren Münzverschlechterungen in Spätmittelalter und früher Neuzeit. Verantwortlich für diesen Schwindel waren in der Regel diejenigen, die Münzen prägen ließen, die „Münzherren“: Republiken und Städte, Kaiser, Könige und Fürsten, kurz: der Staat. Anlässe für diese ungute Geldvermehrung boten mehr oder weniger dringliche Staatsaffären: Hannibal stand vor den Toren, wilde Germanenhorden fielen ins Land ein, königliche Brüder trugen ihre Erbstreitigkeiten mit Waffengewalt aus, große und kleine Fürsten brauchten dringend Geld für einen Krieg um den rechten Glauben oder die Ländereien des Nachbarn. Immerhin: Wer gute Gold- und Silberstücke besaß, konnte sie in sein Kopfkissen einnähen und abwarten, bis der Spuk vorüber sein würde. Mit Geldscheinen funktionierte das natürlich nicht, da war Vertrauen alles. Die Chinesen experimentierten schon vor 1000 Jahren mit Papiergeld, ließen es dann aber wieder sein. In Europa waren die Schweden die Ersten, die auf den praktischen Gedanken kamen, unhandliche Säcke voller Münzen durch Banknoten zu ersetzen.
Im 18. Jahrhundert machten die Franzosen besonders schlechte Erfahrungen mit dem Geld aus Papier. In der Ausstellung sind eine französische Banknote von 1719 und eine Reihe Assignaten der Revolutionszeit zu sehen. In beiden Fällen endete der Versuch, Papiergeld in Umlauf zu bringen, in einem inflationären Fiasko. Im kollektiven Gedächtnis der Deutschen sind zwei neuere Inflationen fest verankert: Nach dem Ersten und nach dem Zweiten Weltkrieg lösten sich Ersparnisse und Geldvermögen in Luft auf. Im obersten Geschoss präsentiert die Ausstellung u. a. Markscheine mit ungesund vielen Nullen, Notgeld, entwertete Wertpapiere sowie Inflationsgeld aus Brasilien, Jugoslawien und Simbabwe.
Mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert beginnt das Zeitalter des Kapitalismus. In die Konjunkturzyklen der industriell-kapitalistischen Wirtschaft ist die Dynamik der Spekulationsblase gewissermaßen eingebaut. Unternehmen gehen in Konkurs, das in sie investierte Kapital ist verloren. Wenn im Fall des „Gründerkrachs“ von 1873 und der großen Weltwirtschaftskrise nach 1929 wahnwitzige Börsenspekulationen ins Spiel kommen, können sich „normale“ Konjunkturabschwünge zu langwierigen Wachstumskrisen auswachsen. Beide Jahrhundertkrisen werden in der Ausstellung mit historischen Aktien und Wertpapieren, Bildmaterial und Dokumenten der Zeit illustriert.
Hat man das Dachgeschoss erreicht, fallen einem die dichter ausgefüllten Ereignisfelder des Monopoly-Bands ins Auge. Je näher die Gegenwart rückt, umso schneller wechseln sich Deregulierungsmaßnahmen, Finanzinnovationen, Börsencoups und Spekulationsblasen in der Reihenfolge ab. Im Obergeschoss können sich Besucher Anregungen in einer Karikaturenserie des Zeichners Klaus Stuttmann zur Finanzkrise holen. Weitere künstlerische Exponate geben die Sicht der Künstler auf das Verlorene Geld wieder. Anna Franziska Schwarzbachs sinnreiche Plastik Geldfresser steht im Eingangsbereich des Museums. Sie ist somit Anfang und Ende zugleich.
bis 21. August 2011
Informationen
Waffenmuseum Suhl
Friedrich-König-Str.19, D-98527 Suhl/Thüringen
Tel. (+49-36 81) 74 22 18
Di–So 10–18 Uhr
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