Ein Kunstprojekt anlässlich des kulturellen Themenschwerpunkts „Luther – der Aufbruch“ 2010/11 in der Thüringer Landeshauptstadt.
Die Wendung „Rom sehen und sterben“ ist ein sogenanntes geflügeltes Wort, das als Ausdruck starker Begeisterung gilt. Ursprünglich gehört es jedoch nicht zu Rom, der „Ewigen Stadt“, sondern zu der stolzen süditalienischen Kommune Neapel. Korrekt heißt es „Vedere Napoli e poi muori“ und enthält ein Wortspiel: „Muori“ bezeichnet sowohl einen kleinen Ort in der Nähe von Neapel als auch den Vorgang „sterben“. Im Zusammenhang mit der Ausstellung ist jedoch das Wort „sehen“ interessanter, denn es benennt eine Besucher- und Betrachterhaltung – also eine ästhetisch geprägte Position zum bewunderten Gegenstand.
Rom war schon sehr lange eine Stadt, auf die sich zahlreiche positive Projektionen richteten, was sich sowohl aus ihrer exponierten Rolle in der antiken Welt als auch aus derjenigen als Sitz des „Heiligen Stuhls“ ergibt. Luther war als Augustinermönch in Rom und hat dort die üblichen Pilgerstationen absolviert. Ob er von Erfurt aus aufbrach und ob es im Herbst 1510 war, darüber streiten die Historiker gerade wieder. Für uns liegt es jedoch nahe, Rom als eines der wichtigen Pilgerzentren des Mittelalters zu thematisieren. Aber auch Rom als Synonym für den päpstlichen Hof, der in den reformatorischen Auseinandersetzungen ein Ziel negativer Projektionen der protestantischen Bewegung war, wird nicht unerwähnt bleiben.
Die Stadt Rom war seit jeher ein bedeutender Anziehungspunkt für Reisende – ob sie als Pilger kamen und die römischen Wallfahrtskirchen besuchten, als geistliche Amtsträger auf dem Weg in den Vatikan waren oder als „Cavalieri“ auf der Grand Tour, der gesellschaftlich angesehenen Bildungsreise zu den Quellen der eigenen Kultur. An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wurde Rom auch zu einem künstlerischen Sehnsuchtsort, an dem sich zahlreiche Maler und Schriftsteller Europas trafen – nicht zuletzt Goethe und Tischbein, die Nazarener oder Pleinairisten wie Nerly und Blechen. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts wird das Villa-Massimo-Stipendium vergeben, das als eine der wichtigsten Auszeichnungen Deutschlands für Künstler in den Sparten bildende Kunst, Literatur, Musik (Komposition) und Architektur gilt. Die künstlerische Auseinandersetzung mit Rom findet dadurch, wenn auch in einer stark veränderten Sicht, bis in die jüngste Vergangenheit statt.
Der besonderen Reise- und Betrachterperspektive auf die Stadt Rom – ausgehend von der Romreise Martin Luthers bis zur Gegenwart – widmet sich die Ausstellung. Das Rombild, das durch diesen „Blick von außen“ geformt wurde, vermitteln Objekte aus den Bereichen Malerei, Grafik, Skulptur und Architektur sowie geografische Karten, Bücher und Flugschriften, aber auch kulturgeschichtliche Gegenstände wie Pilgerzeichen und andere Souvenirs.Kai Uwe Schierz
8. Mai bis 17. Juli 2011
Kyungwoo Chun. Thousands.
Fotografie, Video, Performance
Der in Deutschland lebende koreanische Künstler macht sich auf die Suche nach Spuren seines berühmten Namensvetters, des Generals Chun (Chun = chinesisch für tausend), der im Dienst des chinesischen Kaisers 1592 nach Korea kam. In der chinesischen Provinz Henan stößt er 2006 auf ein abgelegenes Dorf, das den Namen des Feldherrn trägt und in dessen Einzugsgebiet fast alle Menschen Chun heißen.
Resultat seiner Recherchen sind 1000 kleinformatige Porträts von Chuns, Videoarbeiten und großformatige Langzeitfotografien.
31. Juni bis 4. September 2011
Informationen
Kunsthalle Erfurt,
Haus zum Roten Ochsen
Fischmarkt 7, D-99084 Erfurt
Tel. (+49-361) 655 56 60
Di–So und Fei 11–18 Uhr, Do 11–22 Uhr
www.kunsthalle-erfurt.de
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