Vor 325 Jahren wurde Johann Sebastian Bach in Eisenach geboren, hier wuchs er auf, sang im Chor der Georgenkirche und besuchte die gleiche Schule wie einst Martin Luther. Zeit seines Lebens bezeichnete er sich stolz als „Isenacus“. In seinem mutmaßlichen Geburtshaus wurde 1907 das erste Bach-Museum eingerichtet. Die historischen Wohnräume lassen das Leben der Bach-Zeit wiedererstehen: Der Weimarer Hofantiquar richtete sie 1907 mit Thüringer Möbeln aus der Zeit von Bachs Kindheit originalgetreu ein, bis hin zu Türbeschlägen und Schlössern. Der über eine gläserne „Fuge“ verbundene Neubau widmet sich ganz der Musik Bachs. So können Besucher den Weg eines originalen Bach-Autografs bis in den Notendruck verfolgen – und sich natürlich auch an einer Hörstation Schritt für Schritt durch die ausgestellte Notenschrift führen lassen. Wenn sich an einem „Mischpult“ neun völlig unterschiedliche Aufnahmen ein und derselben Bach-Kantate miteinander vergleichen lassen, dann steckt der Besucher plötzlich ganz nah im künstlerischen Geschehen. Immer wieder steht man plötzlich vor wertvollen Originalen wie einem Orgelmanual, auf dem Bach in seiner Zeit in Mühlhausen wöchentlich spielte, dem „Bach-Pokal“, den Bach anlässlich seiner Ernennung zum „Königlich-Polnischen Kurfürstlich-Sächsischen Hof-Compositeur“ geschenkt erhielt, dem Erstdruck der Kunst der Fuge oder einer einzigartige Sammlung von Bach-Bildnissen. In frei aufgehängten gläsernen „Bubble-Chairs“ lässt es sich bei Bach-Musik bequem entspannen. Optisch überwältigen will das Begehbare Musikstück, eine filmische 180-Grad-Installation, die in drei Aufführungen entführt. Wer genug gehört hat, kann sich in die Lindenlaube des wohlgepflegten Barockgartens setzen oder den Besuch bei Bach-Törtchen im Café Kantate ausklingen lassen.
Die Sonderausstellung 2010 des Bachhauses widmet sich zu Bachs 325. Geburtstag seinen Passionsmusiken, die heute zu seinen beliebtesten Werken zählen. Bachs Passionen – zwischen lutherischer Tradition und italienischer Oper ist der Titel der Ausstellung, der das zu sehende und hörende musikalische Spannungsfeld absteckt. Denn Bach war bei seiner Ernennung zum Thomaskantor 1723 ausdrücklich die Aufführung „opernhaffter Musik“ und „theatralischer Compositiones“ verboten worden. Während sich das „offizielle“ Leipzig noch gegen die neuen, dramatischen Passionsoratorien sträubte, hatten diese, ausgehend von der Opernstadt Hamburg, bereits Konzertsäle erobert und sogar in Kirchen Einzug gehalten. Mithilfe einer Zwischenform, der „oratorischen Passion“, lavierte Bach bei seiner Johannes- und Matthäuspassion geschickt zwischen den Polen der alten lutherischen Passionsmusiken mit Evangeliumstext und Chorälen und frei gedichteten Rezitativen und Da-capo-Arien im neuen italienischen Stil. In der Ausstellung lässt sich diese Geschichte anhand einzigartiger Originalobjekte wie der Handschrift von Bachs Lukaspassion nachverfolgen. Wenn dann sieben verschiedene Vertonungen des gleichen Texts – des der Bach-Arie „Von den Stricken meiner Sünden“ – an Hörstationen erklingen, erschließt sich ganz unmittelbar die musikalische Bandbreite der Bach-Zeit.
Informationen
Sonderausstellung 2010:
Bachs Passionen – zwischen lutherischer Tradition und italienischer Oper
bis 30. September 2010
Bachhaus Eisenach
Frauenplan 21, D-99817 Eisenach
Tel. (+49-36 91) 79 34-0
täglich 10–18 Uhr
Ausstellungen in Deutsch und Englisch, Führungen in Deutsch, Englisch, Französisch
[email protected]
www.bachhaus.de
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