Buchheim MuseumPablo Picasso, Auf die Ermordung Heinrichs IV., des Königs von FrankreichMarc Chagall, Kain und Abel, in: Dessins pour la Bible, 1960Marc Chagall, Ange du Paradis, in: La Bible, Édition Verve, Paris 1956

Einheit in der Vielfalt – Expressionismus, ­klassische Moderne, Weltkulturen

Das in einem weitläufigen Park unmittelbar am Starnberger See gelegene, rund 3500 Quadratmeter Ausstellungsfläche ­umfassende ­Buchheim Museum des Architekten Günter Behnisch birgt eine der bedeutendsten ­Sammlungen deutscher Expressionisten.
Am Hirschgarten 1, D-82347 Bernried

Doch trug der Museumsgründer Lothar-Günther Buchheim (1918–2007) nicht nur umfassende Werkkomplexe von Lovis Corinth, Max Beckmann, den Malern der Künstlergemeinschaft „Die Brücke“ (1905 bis 1913) Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Emil Nolde, Max Pechstein, Otto Mueller sowie von Otto Dix und den Expressionisten der zweiten Generation zusammen. Den besonderen Reiz des Museums machen die außer­gewöhnliche Vielfalt und Originalität der Sammlungen aus. Denn der Maler, Ver­leger, Kunstbuch- und Romanautor (Das Boot) war von hochkarätiger Kunst ebenso fasziniert wie von ihren „Wiesenpfaden“, wie Buchheim seine „Nebensammlungen“ mit Arbeiten von Autodidakten, Jahr­markts­kunst und Kunst und Kunsthandwerk aus aller Welt liebevoll nannte. Dass im Buchheim Museum seit seiner Eröffnung im Mai 2001 Dutzende von Sonderausstellungen gezeigt werden konnten, die bislang unbekannte Werkgruppen aus den Buch­heim’schen Beständen vorstellten, macht deutlich, wie überbordend die Sammlungen sind. Auch 2010 rotieren die Grafiken der deutschen Expressionisten, und im Frühjahr und Sommer sind verschiedene Ausstellungen zu sehen:

Chagall, Picasso, Kirchner, Beckmann, ­Kokoschka … Buch & Kunst der Moderne
Herzstücke der Buchheim’schen Bücherschätze, prachtvolle Malerbücher von Marc Chagall und Pablo Picasso sowie von Max Beckmann, Ernst Ludwig Kirchner, Oskar Kokoschka, Ernst Barlach, Max Pechstein und weiteren Künstlern des deutschen Expressionismus, werden ab 14. März 2010 erstmals im Buchheim Museum präsentiert, dazu etliche Grafikfolgen aus Mappenwerken und auserlesene Einzelblätter.

Wie die Künstler die literarischen „Stoffe“ umgesetzt haben, können die Besucher in der als Schau- und Lesevergnügen konzipierten Ausstellung unmittelbar nachvollziehen: Etliche Bücher kann man als Faksimiles ansehen, andere literarische „Vorlagen“, etwa von Johann Wolfgang von Goethe, Nikolai Gogol und Gustave Flaubert, aber auch von Autoren des literarischen Expressionismus, liegen in den Leseinseln aus.

Als der große französische Kunsthändler Ambroise Vollard (1867–1939) um 1900 damit begann, „seine“ Künstler mit der Illustration von literarischen Texten zu beauftragen, war nicht nur der Verleger Vollard, sondern auch das „livre de ­peintre“, das „Malerbuch“, geboren. Gänzlich neu war dabei, dass die Maler sich nicht auf Darstellungen beschränkten, die dem Text abbildhaft folgten und ihm untergeordnet waren, wie dies vordem üblich gewesen war, sondern dass sie ihrer Fantasie und Imagination freien Lauf ließen. Die individuelle Interpreta­tion und der persönliche Zugriff des Künstlers auf den Text sowie die besondere künstlerische Qualität und Originalität der Illustration machen also den besonderen Reiz des „Malerbuchs“ aus. Dazu wurden diese bibliophilen Kostbarkeiten mit meisterhaft gedruckten Originalgrafiken – zumeist Lithografien oder Holzschnitten – ausgestattet, an denen die Künstler oft jahrelang arbeiteten. Die Wahl des Papiers und der Schrift sowie Satzspiegel, Einband und Vorsatz wurden zumeist mit dem Künstler abgestimmt. Die Auflagen der Bücher waren limitiert und die einzelnen Exemplare nummeriert.

Wie prachtvoll und faszinierend illustrierte Bücher sein können, veranschaulicht nun eine Auswahl bibliophiler Raritäten aus der Sammlung Buchheim, die größtenteils zu den Malerbüchern gerechnet werden können, allen voran Marc Chagalls Illustrationen zu den Fabeln von Jean de la Fontaine und zur Bibel, die Ambroise Vollard angeregt hatte. Und als weiterer Höhepunkt: Pablo Picassos Radierungen zu Sonetten des spanischen Barockdichters Luis de Góngora y Argote. Eine zweite Gruppe bilden buchkünstlerische Werke deutscher Expressionisten: Ernst Ludwig Kirchners Holzschnittillustrationen zu Georg Heyms nachgelassenen Gedichten sind das Herzstück der „Brücke“-Kollektion. Während Oskar Kokoschka und Ernst Barlach Bilder zu ihren eigenen Dramen schufen, also Textautor und „Illustrator“ zusammenfallen, entwickelten andere Maler, etwa Max Beckmann und Max Kaus, eine große Affinität zu „ihren“ Texten, denn sie hatten diese entweder selbst ausgewählt oder waren mit den Literaten befreundet.

Dass Lothar-Günther Buchheim neben seiner überbordenden Gemälde- und Grafiksammlung auch eine Buchkollek­tion von so herausragender Qualität und Vielfalt zusammengetragen hat, ist erstaunlich, doch mehr noch sein Sinn für feine Differenzierungen, der den leidenschaftlichen Bibliophilen und wahren Kunstkenner verrät: Max Beckmanns Radierungen zu Kasimir Edschmids Erzählung Die Fürstin beispielsweise liegen nicht nur in gebundener Form – in zwei Buchexemplaren mit unterschiedlichen Einbänden – vor, sondern auch in Einzelblättern.

Auch dass Buchheim, der selbst Standardwerke über den deutschen Expressionismus schrieb, an kunstwissenschaftlichen Werken und an der Kunstliteratur der Zeit interessiert war, ist ein Aspekt, der die Buchheim’sche Sammlung ungemein spannend macht, zumal einige dieser Bücher, wie beispielsweise die von Gustav Schiefler verfassten Werkverzeichnisse der Druckgrafik Noldes und Kirchners, buchkünstlerische Glanzstücke sind: Die Künstler bestimmten die Gestaltung mit und schufen für diese Pub­likationen Druckgrafiken. Weil zahlreiche Arbeiten, die man seinerzeit abbildete oder besprach, da Zeitgenossen oder die Künstler sie für besonders wichtig und aussagekräftig hielten, auch in der Sammlung Buchheim zu finden sind, wurde dies zum Anlass genommen, in einigen Fällen Buch und Druckgrafik gemeinsam zu präsentieren.
Sonderausstellung bis 12. Juni 2010

Buddha Mahaparinirvana – Die letzte Reise des Erleuchteten
Das Buchheim Museum hütet in seiner Sammlung einen bis jetzt noch nie gezeigten lebensgroßen Buddha in liegender „Löwenhaltung“. Dies Pose nahm der Erleuchtete nach der Überlieferung kurz vor seinem Tod und dem Eingehen ins so­genannte Parinirvana ein. Der fast zwei ­Meter lange Bronzehohlguss stammt aus Thailand, ist der Ayutthaya-Phase (1351 bis 1767) zuzurechnen und wird auf die Mitte des 18. Jahrhunderts datiert.
Einzelpräsentation ab Anfang 2010

Lothar-Günther Buchheim: Das Boot
Lothar-Günther Buchheim hat nicht nur den Roman Das Boot geschrieben, der 1973 erschien und inzwischen in nahezu 40 Sprachen übersetzt wurde. Er hat während des Kriegs über 5000 Fotografien gemacht. Die Ausstellung bringt nun erstmals Textauszüge aus Buchheims Roman und eine Auswahl seiner Fotografien zusammen. Dabei entwickelt sich ein spannungsreiches Gegenüber von Bild und Text. Darüber hinaus gibt die Schau Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Romans und in die Werkstatt des Schriftstellers. Die Reaktionen auf den Roman werden ebenso thematisiert wie die Umsetzung von Buchheims Geschichte im gleichnamigen Film von Wolfgang Petersen. Näheres über das Rahmenprogramm zur Ausstellung mit Filmvorführungen, Vorträgen und als Höhepunkt einem Konzert mit Klaus Doldinger erfahren Sie aktuell auf www.buchheimmuseum.de.
Sonderausstellung 4. Juli bis 19. September 2010

Wir danken der Unternehmensgruppe WWS Kurt Strube, die unser Museum seit Jahren zu unserer vollsten Zufriedenheit betreut.

Informationen
Buchheim Museum
Museum der Phantasie/Sammlung Buchheim
Am Hirschgarten 1, D-82347 Bernried
Tel. (+49-81 58) 99 70 20
April bis Oktober:
Di–So und Fei 10–18 Uhr
November bis März:
Di–So und Fei 10–17 Uhr
[email protected]
www.buchheimmuseum.de

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