Gemalte Körperempfindungen
In den letzten Jahren ist Maria Lassnig endgültig der internationale Durchbruch gelungen. Die Künstlerin gilt nachfolgenden Generationen zu Recht als Vorreiterin und Visionärin, die den Diskurs und die Entwicklung der Malerei seit Jahrzehnten entscheidend mitgeprägt hat. Im Zentrum ihres Schaffens steht seit 60 Jahren die Künstlerin selbst beziehungsweise das, was sie ihre „Körperempfindung“ nennt: „Es ist sicher, ich male und zeichne nicht den ‚Gegenstand‘ Körper […], sondern ich male Empfindungen vom Körper“ (Maria Lassnig, 1999). Ihre Malerei zeigt einerseits die kompromisslose Offenlegung des eigenen Körpers und der eigenen Befindlichkeit, zum anderen vermittelt sie den Blick von außen und ermöglicht damit die scheinbar objektive Darstellung gleichzeitig existierender Körperwahrnehmungen.
Maria Lassnig, die sich gern mit der Aura der Einzelgängerin umgibt und von sich selbst sagt, dass sie „gern böser“ wäre, hat es wie wenige andere Künstler verstanden, sich in verändernden gesellschaftlichen Kontexten immer wieder aufs Neue zu bewähren.
Die Ausstellung wirft einen fokussierten Blick auf „das neunte Jahrzehnt“ von Maria Lassnigs Schaffen. In den vergangenen Jahren entwickelte sich ihr Werk immer konfrontativer und direkter, wobei die Künstlerin frühere Themen aktualisiert und variiert, ohne sich jedoch zu wiederholen. Eine große Rolle spielt dabei die Erinnerung, wie Maria Lassnig betont: „Die Außenwelt dringt so sehr auf einen Menschen ein, dass man eigentlich gar nichts anderes darstellen könnte.“
Zeichnen mit dem Pinsel
So bezieht sich Maria Lassnig erneut auf die Verknüpfungen von Menschlichem und Animalischem, indem sie in einer Serie aus dem Jahr 2000 Meerschweinchen, Frösche, Vögel oder Affen umarmt und mit ihnen kokettiert. Auch mystische Elemente finden sich in ihren neuesten Arbeiten.
In den sogenannten „Kellerbildern“ hüllte sie Modelle in Plastikfolien, um die Körper neu zu empfinden und Situationen psychologisch zu deuten. Bereits in den frühen 1970er-Jahren malte Maria Lassnig ein Selbstporträt mit Folie sowie ein Stillleben mit zellophanierten Äpfeln, nachdem sie in einem amerikanischen Supermarkt erstmals in Folie verpacktes Obst gesehen hatte.
Eine Gruppe von „Erinnerungsbildern“ führt Lassnig bis in ihre Akademiezeit zurück. Maria Lassnig gestaltete einen Adam und Eva-Zyklus, in dem sie das Verhältnis der Geschlechter als zärtlich-erotische wie auch als aggressiv-feindselige Beziehungen thematisiert. Auch an ihre Strichbilder aus den 1960er-Jahren, in denen sie auf formal reduzierter Weise das „Zeichnen mit dem Pinsel“ mit verschlüsselt surrealen und auch heiter-burlesken Inhalten verband, knüpft Lassnig in ihren neuen Arbeiten an.
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