Es gibt Dinge, die lassen sich vergleichen wie Äpfel und Birnen. Beispielsweise die Fußballweltmeisterschaft und die Altenburger Prinzenraub Festspiele. Absolut unmöglich!
Geht doch, wenn auch nicht gänzlich. Zumindest finden beide etwa zur gleichen Zeit – nämlich von Ende Juni bis Mitte Juli – statt, und wer jetzt noch keine Karten hat, dem bleibt womöglich nur der Schwarzmarkt. Seit der Altenburger Prinzenraub 2005 in historisch originaler Kulisse seine Uraufführung erlebte, strömten über 50000 Besucher in die insgesamt 68 Aufführungen. Bereits zum Auftakt waren die 9000 Tickets innerhalb dreier Tage vergriffen.
„Wir besitzen und vermitteln in Altenburg mitteldeutsche Geschichte, ganz real, weil historisch belegt, die generationenübergreifend auf Interesse stößt“, erklärt Müller, und man merkt ihm vom ersten Moment seinen Enthusiasmus an, der eine Art Berufsbild aller Beteiligten geworden zu sein scheint.
Nun kann man den „Prinzenraub“ auf die verschiedenste Weise spielen, was man übrigens seit dem 15. Jahrhundert in etwa 45 Versionen auch tut. Man kann sich – und die Altenburger hätten bei einem durchschnittlichen Auslastungsgrad von 90 Prozent allen Grund – auf dem Erfolg ausruhen und finanziell mitnehmen, was geht. Niemand weiß besser als der Marketingchef, dass dies der Anfang vom künstlerischen Ende wäre. Und so wird es auch in diesem Jahr Neuerungen und Veränderungen geben; im vergangenen Jahr wurden beispielsweise die Bühne und die Traversen gedreht, fand erstmals das Spiel auf drei Ebenen statt. Der tatsächliche buchstäbliche „Knaller“, der auch in dieses Jahr hineindröhnt, gelang im Vorjahr der Autorin Dr. Katrin Lange, die sich aus einer Vielzahl von Bewerberinnen und Bewerbern durchsetzen konnte. Sie stellte quasi den Raub der beiden Prinzen infrage und wagte die These, dass Ernst und Albrecht mit Ritter von Kauffungen einfach ausgebüxt sind und später freiwillig zurückkehrten. Eine interessante Herangehensweise, und selbst wenn sich die Geschichte wirklich herkömmlich zugetragen hätte, bleibt Raum für Interpretation. „Denn Kidnapping gehörte damals zur Politik“, schmunzelt Müller.
Und dann spricht wieder der PR-Experte. Es würde überhaupt keinen Sinn machen, das Stück nicht mehr aufzuführen. Weil der Markt, den man tatsächlich erreichen kann, noch längst nicht ausgeschöpft ist. Und so kann er sich auch vorstellen, dass sich in absehbarer Zeit Laienensembles bilden, die sich dem Stück widmen und damit quasi auf Tournee gehen. An alle Stätten beispielsweise, die geschichtlich etwas mit dem Prinzenraub zu tun haben. Keineswegs will Müller das Ende der fast schon legendären Prinzenraub Festspiele einläuten, als Mann vom Fach weiß er aber auch, dass die Altenburger Geschichte noch mehr bietet, was sich künstlerisch umsetzen und darstellen lässt.
„Einige Hundert Jahre vor den Wettinern war Barbarossa in Altenburg, mindestens sechsmal“, denkt er laut über Zukunftspläne nach. Der Alte, der da auf dem Kyffhäuser sitze, wo er nachweislich nie war, sei ins Osterland gekommen, um das Gebiet zu erschließen. Ließ das Bergerkloster – als die „Roten Spitzen“ bekannt – errichten, die ersten Backsteinspitzen außerhalb Italiens, die 2012 das 840. Jubiläum ihrer Weihe durch den rotbärtigen Kaiser begehen. „Wenn die Bayern erfahren, dass sie ihr Land Altenburg zu verdanken haben, drehen sie doch durch“, lacht Müller. Denn hier bekamen die Wittelsbacher von Barbarossa ihr Land, das spätere Bayern, belehnt. „An Barbarossa als geschichtsträchtigen Stoff hat sich in Deutschland aktuell noch keiner rangetraut. Wenn wir ihn von dem ganzen ‚Jahrhundertstaub‘ befreiten, wären wir die Ersten.“
Informationen
24. Juni bis 11. Juli 2010
Schlosshof zu Altenburg
Informationen und Tickets:
Tel. (+49-34 47) 51 28 00 oder 89 07 39
www.prinzenraub.de
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