„Es war Mein sehnlichster Wunsch, die Jahre, die Mir durch Gottes Gnade noch beschieden sind, Werken des Friedens zu weihen und Meine Völker vor den schweren Opfern und Lasten des Krieges zu bewahren. Im Rate der Vorsehung ward es anders beschlossen.“ Mit diesen Worten aus der Proklamation „An Meine Völker!“ erklärte Kaiser Franz Joseph Serbien 1914 jenen Krieg, der innerhalb kürzester Zeit zum Weltkrieg werden sollte.
Schon unmittelbar nach Kriegsbeginn begann die Vorgängerin der Österreichischen Nationalbibliothek, die k. k. Hofbibliothek, Zeugnisse des Kriegs zu sammeln. Bis 1918 wurden so 52 000 Plakate, Noten und literarische Texte, aber auch künstlerisch gestaltete Feldpostkarten, Kriegstagebücher, Schulaufsätze und andere bemerkenswerte Dokumente archiviert. Hinzu kamen nach Kriegsende etwa 38 000 Fotografien. Diese einmalige Kriegssammlung ist eine der bedeutendsten Europas und wird in der Ausstellung „An Meine Völker! Der Erste Weltkrieg 1914–1918” erstmals umfassend präsentiert.
Kuratiert vom renommierten Historiker Univ.-Prof. Dr. Manfried Rauchensteiner, rufen rund 250 eindrückliche Exponate das millionenfache Sterben an der Front und das entbehrungsreiche Leben in der Heimat in Erinnerung. Vom Attentat auf den Thronfolger Franz Ferdinand 1914 bis zum Völkermanifest Kaiser Karls 1918 werden in der Schau die wichtigsten Stationen des Kriegs und das langsame Auseinanderbrechen des Vielvölkerstaats Österreich-Ungarn erlebbar.
Die Ausstellung beleuchtet aber auch den Alltag im Hinterland. Im Zentrum stehen hier die Frauen, die in vielen Berufen die 8,5 Millionen Männer Österreich-Ungarns ersetzten, die als Soldaten dienten. Sie waren es, die einen früheren Zusammenbruch verhinderten, indem sie die Kriegswirtschaft mit dringend benötigten Ersatzstoffen versorgten: Kundmachungen riefen sie dazu auf, Maikäfer für die Viehfütterung oder ausgekämmte Haare für die Produktion von Treibriemen zu sammeln. Und sie waren es auch, denen die Sorge um Haushalt und Kinder anvertraut war. Kinder, die der Staat vielleicht noch brauchen würde, um sie als Ersatz für ihre gefallenen Väter und Großväter in den Krieg zu schicken. Schon die Jüngsten wurden daher mit patriotischen Kriegsspielen wie etwa Granatenpuzzles militärisch indoktriniert. Das Ergebnis der pädagogischen Bemühungen zeigt die Ausstellung am Beispiel von Kinderzeichnungen und Schulaufsätzen mit drastischen Titeln wie „Auf welche Weise ich die Engländer besiegen würde“.
bis 2. November 2014, Prunksaal
Informationen
Österreichische Nationalbibliothek
Josefsplatz 1, A-1010 Wien
Di–So 10–18 Uhr, Do 10–21 Uhr; bis Ende September zusätzlich auch Mo 10–18 Uhr
www.onb.ac.at
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