Hinter den für die Sanierungsphase geschlossenen Türen arbeiteten die Naturhistorischen Sammlungen mit zwei Kuratoren, wechselnden Volontären, zwei Präparatoren und einem Magazinverwalter. Sie entwarfen eine neue Dauerausstellung für vier Räume mit 1300 Quadratmetern und stellten annähernd 5000 Schaustücke bereit. Ästhetik der Natur heißt die neue Präsentation, die mit ihren Themenräumen „Form“, „Farbe“, „Bewegung“ und „Zeit“ eine Brücke zwischen den beiden Sparten des Museums, der Kunst und der Natur, schlägt.
Die Themen, die für allgemeine Phänomene einer ästhetischen Wahrnehmung stehen, ermöglichen neue und vielschichtige Betrachtungsweisen von Naturphänomenen, die auch in der Kunst bedeutend sind. Wenn etwa Vitrinen mit Hunderten Varianten von Schneckenhäusern zwischen einer Vitrine mit filigranen Vogelnestern und einer Vitrine mit Krebstieren aller Art stehen, kann mit vergleichenden Blicken neue Achtsamkeit für die Vielfalt der Natur entstehen. „Es geht uns in diesem Raum um die Entdeckung der Formenvielfalt der Natur und damit auch um funktionelle Strukturen. Damit einhergehend kann auch Biodiversität sichtbar gemacht werden“, erläutert Abteilungsleiter Fritz Geller-Grimm die Vermittlungsidee hinter dem Präsentationskonzept. „Andererseits wollen wir mit ansprechenden Präparaten für einen respektvollen Umgang mit der Natur werben.“
Dabei bleibt den Kustoden eigentlich nicht viel mehr zu tun, als die Objekte ins rechte Licht zu rücken, möchte man meinen. Ob Prachtkäfer oder Wüstenfuchs, Hammerhai oder Schwan, Eisbär oder Pfau, Seychellennuss oder Teufelskralle, jedes Objekt ist reizvoll anzuschauen und wirbt für sich selbst. Dass man hier in Staunen gerät, ist Absicht, aber nicht selbstverständlich. Es ist auch das Verdienst der Präparatoren.
Mit dem Blick auf die Farbenpracht und die Tarntrachten werden viele Fragen rund um das Thema Farbe beantwortet. Etwa wie die Farbe Rot in die Feder kommt, wie die schillernden Farben eines Kolibris entstehen und warum das Fell eines Seidenäffchens so stark glänzt. Die Farben der Natur fordern aber nicht nur die Wissenschaft heraus. Der gestaltende Mensch sucht seit Tausenden von Jahren nach geeigneten Mitteln, Farben in allen Nuancen ins Bild zu setzen. Mineralische Pigmente, Pflanzenfarbstoffe und kulturgeschichtlich bedeutende synthetische Farbmittel vervollständigen die Schau über die Farben der Natur und die Natur der Farbe.
Mit den zahlreichen Schauobjekten des Themenraums „Form“ werden Grundprinzipien der Formentstehung in der Natur präsentiert. Die Vielfalt an Früchten und Samen verdeutlicht dazu, wie der Mensch sich das Formbildungsvermögen der Natur mit der Züchtung von Kulturpflanzen zunutze gemacht hat. Darüber hinaus haben Naturformen seit Jahrhunderten das künstlerische Schaffen des Menschen angeregt.
Was lebt, bewegt sich, sei es im Wasser, auf dem Land oder in der Luft. Im Themenraum „Bewegung“ können die Besucher ganz dicht an frei platzierte Schaustücke herantreten und die Kraft und Eleganz der Tiere beim Schwimmen, Laufen und Fliegen erleben. Eine Gruppe von Hammerhaien durchschwimmt den Saal auf Patrouille. Springböcke flüchten in rasendem Lauf vor einem Geparden, und sieben Schwäne fliegen dicht über die Besucher hinweg. Spannende Bewegungsabläufe, die sich sonst durch ihre Geschwindigkeit der normalen Betrachtung entziehen, werden hier erkennbar gemacht.
Das Museum Wiesbaden tritt an, mit dieser neu gestalteten Dauerausstellung zur Ästhetik der Natur an das Gesamtkonzept des Hauses anzuschließen und den Besuchern eine Wanderung zwischen Kunst und Natur anzubieten.
Informationen
Museum Wiesbaden
Friedrich-Ebert-Allee 2, D-65185 Wiesbaden
Tel. +49 (0) 611/335-2250
http://https://www.museum-wiesbaden.de
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