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Vom Elbstrand an die Salzach: Klangmagie und Theaterzauber aus Dresden

Ein festlicher Bau, eine wechselvolle Geschichte, berühmte Künstler – die Semperoper ist ein Kunsttempel, der in Deutschland seinesgleichen sucht. Ihren musikalischen Ruhm begründet nicht zuletzt die Sächsische Staatskapelle Dresden, eines der traditionsreichsten Orchester der Welt, das sich mit Christian Thielemann einen herausragenden Dirigenten gesichert hat und ab 2013 bei den Osterfestspielen Salzburg spielen wird. Barbara Maria Zollner sprach mit der Intendantin Ulrike Hessler und dem Orchesterdirektor Jan Nast über Pläne, Ziele und Herausforderungen.

Millionen Fernsehzuschauer kennen das Bild der vor nächtlichem Himmel in goldenem Licht schimmernden Semperoper: Kunsttempel, Meisterstück historistischer Baukunst, eines der schönsten Opernhäuser Deutschlands, ja der Welt (manche sagen: das schönste). Im Bombenkrieg zerstört und in der DDR unter großen Anstrengungen rekonstruiert, ist sie auch Symbol für Wiederaufbau und Zuversicht.

Mit Christian Thielemann steht ab der Spielzeit 2012/13 eine der profiliertesten Dirigentenpersönlichkeiten der mittleren Generation an der Spitze der Sächsischen Staatskapelle und wird damit dem tradi­tionsreichen Klangkörper wie auch der Semperoper neuen Glanz verleihen. Als herausragender Interpret der großen symphonischen Werke von Beethoven bis Brahms und Bruckner und als gefeierter Dirigent des deutschen romantischen Opernrepertoires mit den Schwerpunkten Wagner und Strauss decken sich seine musikalischen Interessen mit denen der Sächsischen Staatskapelle, die sich der Orchestertradition des 18. und 19. Jahrhunderts verpflichtet fühlt. Der besondere Klang, den man dem Orchester nachrühmt, und Thielemanns Bekenntnis zum spezifischen Dresdner Orchester sowie seine Gabe, diesen Klang zum Blühen zu bringen und die Werke aus dem Klang zu entfalten, scheinen füreinander gemacht.


Wunderharfe

So nannte Richard Wagner seine Hof­kapelle. Ähnlich wie die Wiener Philharmoniker ist die Staatskapelle Dresden nicht allein mit 260 Opern- und Ballettaufführungen pro Saison dem Opern­betrieb verpflichtet, sondern bildet als Konzertorchester mit einem umfangreichen Programm von über 50 Konzerten und zahlreichen Gastspielen einen eigenen Organismus. Entsprechend hoch ist der Abstimmungsbedarf in künstlerischen und organisatorischen Fragen; vermutlich noch mehr als anderswo erfordert die Klärung von Zuständigkeiten und Entscheidungsbefugnissen diplomatisches Geschick. Das musste Ulrike Hessler gleich zu Beginn ­ihrer Intendanz beweisen, kam ihr doch ein Jahr vor ihrem Amtsantritt durch ­Fabio Luisis vorzeitigen Abgang der General­musikdirektor abhanden. Geradezu schicksalhaft erscheint es, dass Christian Thielemann etwa zur selben Zeit seinen Abschied von den Münchner Philharmonikern verkündete. Der Rest ist bekannt: Die Staatskapelle hatte schon seit seinem ersten Dirigat 2003 ein Auge auf Thielemann geworfen. Im September 2009 übernahm Thiele­mann dann kurzfristig für den erkrankten Fabio Luisi die Leitung ­eines Symphoniekonzerts, und nur wenige Wochen später konnte Jan Nast, der langjährige Orchesterdirektor, die Berufung Thielemanns als Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden bekannt geben. Jan Nast, Kulturmanager und ehemaliger Hornist, der die Geschicke der Staatskapelle seit 1997 lenkt, steht der Intendantin an Diplomatie in nichts nach; beide bekennen sich zu Kommunikation und Kooperation zum Wohl des großen Ganzen.

Ulrike Hessler und Jan Nast zeigen denn auch den Schulterschluss: „Semperoper und Staatskapelle sind zwei starke Marken, die einander gegenseitig befördern“, sind sie sich einig. „Schon aufgrund der Vielzahl von Referenzeinspielungen noch während der DDR-Zeit hat die Staatskapelle internationale Bekanntheit erworben; ähnlich wie die Wiener Philharmoniker“, erklärt Jan Nast. Zweifellos gewinnt die glanzvolle Ausstrahlung noch durch einen charismatischen Chef wie Thielemann.


Chefdirigent Christian Thielemann

Thielemann hat den Ruf, eigenwillig und streitbar zu sein. Seine bedingungslose Leidenschaft gilt jedoch der Arbeit mit dem Orchester, weniger der Führungsrolle und den administrativen Verpflichtungen eines Generalmusikdirektors; so erscheint die Position des Chefdirigenten maßgeschneidert. „Diese spezielle Konstellation kommt den Wünschen von Herrn Thielemann entgegen“, bestätigt Ulrike Hessler. „Als Chefdirigent der Staatskapelle wird er Konzerte und Opern dirigieren, aber er muss sich nicht um jedes Alltagsdetail kümmern. Das machen wir.“

Schon vor seinem eigentlichen Amtsantritt haben Thielemann und die Staatskapelle das eine oder andere Ausrufezeichen gesetzt. Das ZDF-Silvesterkonzert wechselte nach 33 Jahren von Berlin nach Dresden, und auch die Osterfestspiele Salzburg, langjährige Domäne der Berliner Philharmoniker, liegen ab 2013 in den Händen von Christian Thielemann und seinem zukünftigen Orchester. Und in Dresden überraschte Thielemann sein Publikum bereits mit Werken, die man bisher mit ihm noch nicht in Verbindung gebracht hatte. Bachs Weihnachtsoratorium, Liszts „Faust“-Symphonie, aber auch Werke von Reger und Busoni und schließlich – zu ­Silvester – Operettenschlager von Lehár. Diese Mischung aus Bewährtem und ­Neuem soll auch in den kommenden Jahren ihren Niederschlag in Thielemanns Konzertprogrammen finden. Und so widmet er sich in seiner ersten Saison neben einer zyklischen Aufführung aller Brahms-Symphonien eben auch dem Schaffen Hans Werner Henzes, den die Staatskapelle zu ihrem „Capell-Compositeur“ für die Spielzeit 2012/13 ernannt hat. Nicht fehlen darf natürlich Richard Wagner, der 2013 seinen 200. Geburtstag feiert. Ihn würdigen die Staatskapelle und Thielemann mit zwei Geburtstagskonzerten am 18. und 21. Mai, in denen unter anderem Wagners Liebesmahl sowie Auszüge aus den Dresdner Wagner-Opern Rienzi, Tannhäuser und Lohengrin erklingen werden. Außer Dresden und den Osterfestspielen in Salzburg stehen als weitere wichtige Termine im Kalender von Thielemann und der Staatskapelle Tourneen durch Europa, nach Japan, China und Taiwan sowie in die USA.

Neben Thielemann haben sich weitere prominente Gastdirigenten und -solisten für die Saison 2012/13 angekündigt. Das Publikum in Dresden darf sich auf Konzerte mit dem Ehrendirigenten der Staatskapelle, Sir Colin Davis, und dem frisch ernannten Ersten Gastdirigenten des Orchesters, Myung-Whun Chung sowie auf Künstler wie Zubin Mehta, Herbert Blomstedt, Vladimir Jurowski, Andris ­Nelsons, Maurizio Pollini, Emanuel Ax, Lisa Batiashvili, Diana Damrau, Anna Prohaska, Jonas Kaufmann, Piotr Beczala und Johan Botha freuen.

Der majestätische Semperbau mit seinem figurengeschmückten Fassadenhalbrund, seinen prächtigen Foyers und dem in Gold und Rot glänzenden Zuschauerraum zieht jedes Jahr über 615 000 Besucher an. Die regelmäßig angebotenen Führungen durch das Haus sind ebenso begehrt wie die Eintrittskarten zu den Aufführungen – wie sonst wohl nur an der Wiener Staatsoper. Für die künstlerisch Verantwortlichen erwachsen aus dieser Popularität auch Ansprüche: „Die Semperoper ist eines der berühmtesten Opernhäuser überhaupt, doch ein Opernhaus ist mehr als eine ­Sehenswürdigkeit – entscheidend ist, was in diesem Haus jeden Abend künstlerisch erreicht wird“, stellt Intendantin Ulrike Hess­ler klar. Seit Sommer 2010 ist die promovierte Romanistin, die zuvor als ­Direktorin für Public Relations und Programm­entwicklung sowie als Interimsintendantin an der Bayerischen Staatsoper wirkte, Intendantin der Sächsischen Staatsoper Dresden. Damit ist sie eine von wenigen Frauen in dieser Position an einem so bedeutenden Haus. Zum Thema macht sie diesen Umstand nicht, wie sie überhaupt wenig über sich spricht, dafür mit umso größerer Leidenschaft über die Kunst und die künstlerische Leistungs­fähigkeit der Semperoper.


Vielfalt mit Dresdner Note

Die Spielzeitvorschau 2012/13 der Semper­oper offeriert ein facettenreiches Aufführungsangebot, das die dramaturgischen Leitlinien der vorangegangenen Spielzeiten fortsetzt und mit ungewöhnlichen Projekten lockt. Zehn Premieren sind angekündigt, zwei davon Koproduktionen und ein Gastspiel. Der Premierenreigen umfasst Barockopern, Mozart, italienische und französische Oper, Wagner und Werke des 20. Jahrhunderts: „Wir wollen hier das ganze Spektrum der Kunstform Oper zeigen“, erklärt Ulrike Hessler. Sie wählt Werke mit Bezug zur Geschichte Dresdens, andererseits präsentiert sie Stücke, die in Dresden bisher nicht zu sehen waren oder aus künstlerischer Sicht besonders interessant oder relevant erscheinen. Das Ergebnis ist vielfältig, aber nicht beliebig und verspricht Operngenuss jenseits des Mainstreams. In der Reihe der Neuerarbeitung der großen Mozart-Opern wird es nach La clemenza di Tito (26. Mai 2012) im November eine Neuproduktion des Idomeneo geben. In der Barockreihe kommt nach ­Alcina mit der Dresdner Erstaufführung von Orlando im Januar 2013 eine weitere Händel-Oper zur Premiere.


Barockmusik …

Hat Ulrike Hessler den Barockvirus aus ihrer Münchner Zeit mit Sir Peter Jonas mitgebracht, wo Händel-Inszenierungen Kultstatus erreichten? „An der Semperoper gab es auch zuvor schon Barockoper; wirklich neu war allerdings Monteverdi.“ In den Dresdner Barockproduktionen spielen entweder das Spezialensemble Cappella Sagittariana oder aber die Musiker der Staats­kapelle auf modernen Instrumenten und entwickeln damit ihre Stilistik weiter. Schließlich ist die Staats­kapelle Dresden ja eines der ältesten Orchester Deutschlands und galt schon im 18. Jahrhundert als eines der führenden Orchester Europas, erinnert Jan Nast. „Vom Barock bis zur zeitgenössischen Musik alles spielen zu können“, unterstreicht Jan Nast, „gehört zum Selbstverständnis der Staatskapelle Dresden!“


… und Zeitgenossen

In einer Premiere können sie sogar beides gleichzeitig tun: Dorina e Nibbio heißt die Neuproduktion, die zum dritten Mal ein barockes Intermezzo auf die Bühne bringt. „Die Leute hatten damals viel Zeit“, scherzt Ulrike Hessler. In den oft vernachlässigten komischen bis burlesken Intermezzi des 18. Jahrhunderts sieht sie Möglichkeiten, auch Opernneulinge an die Kunstform heranzuführen: Zu der turbulenten Farce um eine launische Diva und ihren Impresario komponiert die italienische Komponistin Lucia Ronchetti als Auftragswerk eine zeitgenössische Ergänzung.

Neues Publikum in die Oper zu locken, ist der Intendantin ein Anliegen: Für Kinder und Jugendliche gibt es die Sparte „Junge Szene“ mit zwei Opern- und einer Ballettpremiere, unter anderem in der Zusatzspielstätte Semper 2. Mit 200 Plätzen ermöglicht sie eine intimere Begegnung mit der Kunstform Oper und ist ein wichtiger Baustein im pädagogischen Programm.

Vor einigen Jahren ist mit Rückgriff auf die Tradition die Position des „Capell-Compositeurs“ installiert worden, die zeitgenössische Komponisten ins Konzertprogramm einbindet. Nach Isabel Mundry, Bernhard Lang, Rebecca Saunders und ­Johannes ­Maria Staud ist in dieser Spielzeit die russisch-amerikanische Komponistin Lera Auer­bach mit mehreren Auftragskompositionen, ­einer Meisterklasse an der Musikhochschule und einem Auftritt als Pianistin bei den Internationalen Schostakowitsch-Tagen in Gohrisch präsent. In der nächsten Spielzeit wird einer der größten lebenden deutschen Komponisten überhaupt „Capell-Compositeur“: Hans Werner Henze.


Henze-Hommage

Als Christian Thielemann diesen Wunsch äußerte, war Ulrike Hessler begeistert, hatte sie doch seit Langem den Kontakt zu dem großen Musiktheatermann gepflegt. Für ihre erste Spielzeit gab er seine jüngste Oper, Gisela! oder: Die merk- und denkwürdigen Wege des Glücks, nach Dresden – und legte bis zur letzten Probe selbst Hand an; diese Neufassung des bei der Ruhr-Triennale gezeigten Werks geriet nach Meinung mancher Kritiker zur eigent­lichen Uraufführung. Nun gibt es im September und Oktober 2012 spar-tenübergreifend eine regelrechte Henze-Hommage, bei der auch Gisela! wieder aufgenommen wird. Als erste Premiere der neuen Spielzeit folgt dann Wir erreichen den Fluss von 1976, das wohl politischste von Henzes Werken: ein Plädoyer gegen Krieg und Unterdrückung von brennender Aktualität. Henze schreibt dafür mehrere Spielebenen mit jeweils eigenen Orchestergruppen vor, die – so viel verrät Ulrike Hessler – tatsächlich im Zuschauerraum verteilt sein werden: eine Herausforderung für den Dirigenten Erik Nielsen und für das ganze Haus. Sie wird ergänzt um das Gastspiel El Cimarrón für einen Sänger und drei Musiker von 1970, das die Geschichte eines entflohenen Sklaven erzählt. Die Henze-Komposition Das ­Vokaltuch der Kammersängerin Rosa Silber von 1951 bildet die Grundlage für eine Neukreation, welche die Forsythe-Tänzerin, Schauspielerin und Regisseurin Helen Pickett für die Ballettpremiere Bella Figura choreografiert; daneben werden Choreografien von Jiří Kylián und Ohad Naharin gezeigt. Auch im Konzertprogramm werden Kompositionen von Henze zu hören sein, darunter mit Isoldes Tod auch ein neues Orchesterwerk, das bei den Osterfestspielen Salzburg seine Uraufführung erleben und anschließend in Dresden und ganz Europa zu hören sein wird.


Weißt du, wie das wird?

Ein zweiter Schwerpunkt heißt – unausweichlich im Wagner-Jahr 2013 – Richard Wagner. Während andernorts Ringe geschmiedet werden, konzentriert man sich auf die eigene Geschichte. Schließlich ist Wagner in Dresden aufgewachsen, nirgends hat er länger gelebt als in seiner „gewissermaßen Vaterstadt“. Und vor allem: In den Jahren als Hofkapellmeister in Dresden wurde er erst richtig zu dem Wagner, der als Komponist und Theatervisionär Geschichte schrieb. Mit einer Neuproduktion des Fliegenden Holländers, uraufgeführt 1843 in Dresden, einer Wiederaufnahme von Lohengrin unter der Leitung von Christian Thielemann und Aufführungen von Tannhäuser (Uraufführung 1845) im November 2013 erinnert die Semperoper an Wagners Dresdner Jahre; außerdem sind Aufführungen von Tristan und Isolde, Sonderveranstaltungen und ein internationales Wagner-Sympo­sium geplant. Statt des Rienzi, mit dessen Uraufführung 1842 in Dresden Wagners Erfolg als Komponist seinen Anfang nahm, zeigt die Semperoper zwei Werke, die Anregungen – im Sinne von Nachfolge wie Abgrenzung – für Wagners Meisterwerke gaben: Halévys La juive und konzertant Spontinis „tragédie lyrique“ La vestale, die Wagner als Hofkapellmeister aufführte.


Von der Elbe an die Salzach

Ein Höhepunkt des Wagner-Jahrs findet in Salzburg statt: Die erste Premiere der Salzburger Osterfestspiele unter der künstlerischen Leitung von Christian Thielemann gilt Wagners Parsifal. Dass die Sächsische Staatskapelle mit Thielemann die Berliner Philharmoniker als Residenz­orchester der Osterfestspiele beerbt, ist ein „coup de théâtre“, der dem Orchester noch mehr internationale Wahrnehmung verschafft. Dass der koproduzierte Parsifal in Salzburg Premiere hat und erst nach der Sommerpause in Dresden gezeigt wird, ist der Preis. Und was passiert in Dresden, wenn die Staatskapelle in Salzburg musiziert? Es gibt Mozart und Barockoper mit der Staatskapelle sowie die Premiere des Prokofjew-Balletts Romeo und Julia in der Choreografie von Stijn Celis mit der NDR-Radiophilharmonie unter der Leitung von Paul Connelly.


Regisseure mit rotem Faden

Beim Parsifal führt Michael Schulz Regie, der mit einem bejubelten L’elisir d’amore im April 2012 seinen Einstand an der Semperoper gab und in der nächsten Spielzeit dort Mozarts Idomeneo inszenieren wird. Auch andere Regisseure – und viele Regisseurinnen! – arbeiten kontinuierlich an der Semperoper; das fällt auf, weil es sich nicht um die gleichen Namen handelt, die sich allerorten die Klinke in die Hand geben. „Wir haben neue Regisseure gefunden, die etwas auf der Bühne zu erzählen haben“, erklärt Ulrike Hessler. Dazu gehören die junge, mehrfach ausgezeichnete Regisseu-rin Elisabeth Stöppler, Axel Köhler (Regie ­Dorina e Nibbio) und Florentine Klepper (Regie Holländer), während Andreas Kriegenburg mit Orlando sein Dresdner Regie­debüt gibt. Auch bei den Dirigenten gibt es bekannte Namen und interessante New­comer, etwa Jonathan Darlington (Orlando), Julia Jones (Idomeneo), Tomáš Netopil (La juive), Constantin Trinks (Holländer) und Erik Nielsen. Für eine Über­raschung sorgt Christian Thielemann: Er dirigiert die Premierenserie von Puccinis Manon Lescaut, die in einer Inszenierung von Stefan Herheim herauskommt. „Als Hauptregisseur spannt Herheim gewissermaßen den roten Faden“, erläutert Ulrike Hessler, die sich sichtlich freut, den Ur­heber so bildmächtiger, intelligenter und musikalischer Inszenierungen ans Haus gebunden zu haben.


Ensembleaufbau

Die Sängerbesetzungen sind nicht von der Stange – ein Karussell reisender Stars gibt das Budget nicht her; zu einem Haus, das auf Dramaturgie und Regiehandschrift setzt, würde das auch nicht passen. Stattdessen bauen Ulrike Hessler und Opern­direktor Eytan Pessen auf das Ensemble, für das sie bei Wettbewerben vielversprechende junge Kräfte gewonnen haben und das sie gezielt mit Gästen wie Evelyn Herlitzius, Elīna Garanča, Soile Isokoski, Eva Maria Westbroek, Steve Davislim und Wolfgang Koch ergänzen. „Kein Haus kann Tristan oder Tannhäuser aus dem Ensemble bestreiten“, gibt Hessler zu bedenken. „Doch dass wir eine Adriana Lecouvreur mit eigenen Kräften besetzen könnten, darauf sind wir stolz.“ Opern­direktor Pessen – Musiker, Musikwissenschaftler und langjähriger Casting-Direktor an der Stuttgarter Oper – kümmert sich nicht nur um die Besetzungen, sondern auch um die sängerische Entwicklung der Ensemblemitglieder, korrepetiert und coacht.


Choreografen und Eleven

Dass es sich lohnt, Sorgfalt auf den Ensembleaufbau und die Nachwuchspflege zu verwenden, zeigt auch das Semperoper Ballett. Es gehört zu den wenigen Com­pagnien in Deutschland, die sowohl die groß besetzten klassischen Handlungsballette in hoher Qualität auf die Bühne bringen können als auch zeitgenössische Tanzsprachen stilistisch beherrschen. „Wo gibt es das sonst, dass ein William Forsythe sich mit der Aufführung seiner Choreografien so zufrieden zeigt, dass er der Company eine Uraufführung gibt?“ Der neue Pas de deux in Neue Suite kam im Februar in einem dreiteiligen Forsythe-Abend zusammen mit dem Klassiker Artifact Suite und Enemy in the Figure zur begeistert aufgenommenen Premiere. Auch in der nächsten Spielzeit bringt die Company unter Leitung von Aaron Watkin mit Romeo und Julia ein klassisches Handlungsballett und zeitgenössische Choreografien. Außerdem erarbeiten Nachwuchstalente mit der Company einen eigenen Abend in der Gläsernen Manufaktur von Volkswagen in Dresden, dem Partner der Semperoper und der Sächsischen Staatskapelle. Das Elevenprogramm der Semperoper in Zusammenarbeit mit der Palucca-Schule ermöglicht jungen Tänzern, in den realen Ballett­betrieb hineinzuwachsen.


Ausblicke

Für Ulrike Hessler ist die kommende Spielzeit die dritte als Intendantin. Mit Dresden war sie schon vor ihrem Amts­antritt vertraut. Gibt es etwas, das die Intendantin überrascht hat? „Ja, das außer­ordentliche Engagement aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Haus – das hatte ich mir so nicht vorstellen können“, sagt sie mit Wärme. Und wenn sie einen Wunsch frei hätte, welcher wäre das? „Dass die ­finan­ziellen Rahmenbedingungen, unter denen wir arbeiten, gesichert sind.“

Orches­ter­direktor Nast wünscht sich von der Fee ­ein Konzerthaus: Dann hätte Dresden endlich einen Ort für Gastspiele – und ohne Konzertaufbau und -proben bekäme die Semperoper mehr Spielraum für Bühnenproben. Gespräche darüber gibt es; vielleicht verleiht ihnen das Salzburger Engage­ment zusätzliches Gewicht?

Informationen

Semperoper Dresden

Theaterplatz 2, D-01067 Dresden

Tel. +49 (0) 351/491 17 05

www.semperoper.de

www.staatskapelle-dresden.de