Gleichsam als Artists-in-Residence werden junge Instrumentalisten (Hyeyoon Park, Martina Filják und Daniela Hlinková) unter anderem Werke der ebenfalls im Fokus stehenden Komponisten Johannes Brahms und Dmitri Schostakowitsch interpretieren. In unterschiedlichen Konzertformaten konfrontieren die jungen Künstler ihr Publikum mit verschiedenen Lesarten dieser Kompositionen. Sie decken ihre Karten auf, was Annäherung, Deuten, Erfassen, was Auseinandersetzung und Verstehen betrifft. Gezeigt werden ihre Interpretationen in Kammermusikforen, in Recitals und großen Orchesterkonzerten, und dabei finden gleichzeitig Begegnungen und Konfrontationen von musikalischen Werken und literarischen Dichtungen oder auch zwischen gänzlich unterschiedlichen Genres statt. In den großen Symphoniekonzerten mit dem hr-Sinfonieorchester, dem Symphonieorchester des Nationaltheaters Prag und der Staatskapelle Weimar erklingen gewichtige Werke, die zu den berühmtesten der Komponisten, wenn nicht zu den berühmtesten der Musikgeschichte gehören. Insgesamt sieben Orchesterkonzerte präsentieren die Kasseler Musiktage in diesem Herbst 2011. Darüber hinaus finden drei Quartettabende statt – das Diotima-Quartett, das Minguet-Quartett und das Signum-Quartett werden zu Gast sein und Programme anbieten, die inhaltlich und strukturell sehr voneinander abweichen und damit ein weites Panorama der Gattungspraxis offenbaren. In den unterschiedlichsten Kammermusikforen finden Begegnungen zwischen Kunst, Musik und Literatur statt. Thematisiert wird aber auch der Salon, jene Spielart des geselligen Beisammenseins, die vor allem um 1800 und später in der Entwicklung der bürgerlichen Kultur beziehungsweise Kulturpraxis eine bedeutende Rolle spielte. An drei Abenden und mit den Themen „Industrialisierung und Innerlichkeit“, „Fortschritt und Wachstum – Ausweg oder Sackgasse?“ und „Grenzen – Ausgrenzungen“ wird der traditionelle Salon mit den Ansprüchen und kulturellen Gegebenheiten der heutigen Zeit konfrontiert werden. Schließlich wird eines der Hauptwerke von Brahms, sein Deutsches Requiem, in einer großen Aufführung mit der Kasseler Kantorei Kirchditmold und Mitgliedern des Staatsorchesters Kassel aufgeführt werden – eine der vielen Kooperationen mit Kasseler Institutionen, die die Kasseler Musiktage fest im Kulturleben der Stadt verankern.
Was resultiert aus diesem Programm für den Zuhörer? Auf jeden Fall wird nachgefragt, welche Rolle Kunstwerke in unserem Leben spielen. Und ob sich der Umgang mit ihnen von demjenigen in früheren Zeiten unterscheidet. Die Kasseler Musiktage 2011 thematisieren viele und vielfältige Spannungsverhältnisse; denn der Atem der Zeit kennt eben nicht nur den Gleichlauf, er zeigt auch, dass unsere Welt unruhig, nervös und angestrengt atmet.
27. Oktober bis 13. November 2011
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