Das dekonstruktivistische Gebäude des Felix-Nussbaum-Hauses beherbergt die weltweit größte Sammlung von Werken des bedeutenden Künstlers Felix Nussbaum (Osnabrück 1904–1944 Auschwitz).
Wie ein abgesprengtes Dreieck des Felix-Nussbaum-Hauses ist der Anbau an die Seite des Kulturgeschichtlichen Museums angedockt und macht mit seiner spezifischen Formensprache die Handschrift des amerikanischen Architekten Daniel Libeskind für den Besucher schon vom Heger Tor aus deutlich sichtbar.
Das inhaltliche Pendant zu der äußeren architektonischen Verbindung der beiden Häuser bildet die gemeinsame Eröffnungsausstellung Würde und Anmut. Diese Ausstellung stellt mit den Kunstwerken von Felix Nussbaum und Albrecht Dürer zwei Hauptsammlungen der Museen besonders heraus. Ausgewählte Arbeiten zeitgenössischer Künstler treten mit den Werken aus der eigenen Sammlung in einen Dia-log und ergänzen das Thema aus aktueller Perspektive.
Albrecht Dürer (1471–1528):
Schönheit in der Renaissance
Dürers Abbild des Menschen zeigt das antike Schönheitsideal des nackten Menschen. Würde stellt sich in dem harmonischen Verhältnis der Körperproportionen dar. Zur Dürer-Zeit wird Würde auch als gesellschaftliche Vorrangstellung verstanden, doch in seinen Arbeiten gestaltet er Mensch, Tier oder Satyr zu gleichen Teilen würdig. Die Nacktheit wirkt nie entblößend, stets bleibt bewusst, dass diese Figuren aus illusorischer Ferne kommen.
Felix Nussbaum (1904–1944): Unversehrtheit in der Katastrophe
Während die Werke Dürers dem klassischen Ideal verpflichtet sind, formuliert Nussbaum in seinen Menschenbildern den Anspruch auf das Überleben in der Katastrophe. Die Ausstellung beleuchtet die künstlerischen Strategien der Selbstbefragung und Selbstbehauptung Nussbaums durch die Malerei. Er schafft eindringliche Bilder für die Erfahrung von Schmerz, Isolation und der nahenden Vernichtung.
Antworten der Gegenwart: Roswitha Hecke, Sigalit Landau, Jan van Leeuwen, Adi Nes, Arnulf Rainer, Tal Shochat und Tessa Verder. Ausgewählte Werke zeitgenössischer Künstler ergänzen die Präsentation. Sie fordern zu einer Reflexion über neue Formen ästhetischer Darstellungsmöglichkeiten von Würde und Anmut heraus, indem sie die Verletzbarkeit, Begrenzung, Deformierung, aber auch die vielfältige Schönheit des Menschen von heute in seinem individuellen Dasein zeigen: Sigalit Landau (geboren 1969), die 2011 für Israel den Pavillon auf der Biennale Venedig ausrichten wird, beschäftigt sich in Kunsttechniken der Performance (Videoaufzeichnungen) mit der Verletzbarkeit des Körpers, mit Begrenzungen und Deformierungen des Ichs vor dem Hintergrund der politischen Verhältnisse in ihrem Heimatland. Die Arbeiten von Arnulf Rainer (geboren 1929) sind Anklagen gegen die Zerstörung individuellen Daseins. Er nutzt in seiner Kunst vertraute Symbole der Darstellung des Leids, überarbeitet sie und findet so zu neuen Bildschöpfungen mit intensiver Wirkung auf den Betrachter. Roswitha Hecke (geboren 1944) fotografiert Menschen, denen gesellschaftliche Anerkennung vorenthalten wird. In ihren Bildern zeigt sie deren Würde und Anmut, die ihnen in der Realität oft abgesprochen werden. Diese und weitere Werke zeitgenössischer Künstler pointieren die Zusammenschau von Würde und Anmut und verdeutlichen die Aktualität des Themas.
Unter dem Jahresthema „Würde“ wird es ein umfangreiches Programm mit Lesungen, Vorträgen, Konzerten und Sonderveranstaltungen im Museum geben.
bis 28. August 2011
Informationen
Felix-Nussbaum-Haus
Lotter Straße 2, D-49078 Osnabrück
Tel. +49 (0) 541/323-2207 oder -2237
Museumspädagogik: Tel. +49 (0) 541/323-2064
Di–Fr 11–18 Uhr, Do 11–20 Uhr, Sa, So 10–18 Uhr
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