Ein Spaziergang durch die Zeit

In Schwarzenacker erwartet Sie ein überregional bedeutsames Freilichtmuseum, das in eindrucksvoller Weise das Aussehen einer römischen Etappenstadt mit Gebäuden, Außenanlagen, Straßen und Kanälen zeigt und im barocken Edelhaus wichtige Funde aus Kunst, Handwerk und Haushalt der Römerzeit beherbergt.
Homburger Straße 38, D-66424 Homburg

Wir schreiben das Jahr 275/276 nach Christus. Die prasselnden Flammen erlöschen, der Rauch verzieht sich, das aufgeregte Geschrei verebbt. Stille macht sich nach dem Überfall der Alemannen breit. Allmählich wird das Ausmaß sicht-
bar: Die unter Kaiser Augustus gegründete quirlige Handelsstadt liegt in Schutt und Asche. Einige Häu-ser und Kellergewölbe haben den Ansturm überstanden. Und der Grundriss einer italisch-römischen Stadtplanung ist zu sehen. Bis heute. Obwohl in den Jahren nach der Zerstörung Schwarzenacker wieder besiedelt und aufgebaut wurde – der ehemalige Glanz und die überregionale Bedeutung als Handels- und Verwaltungszentrum sind dahin.
Heute ist die ursprünglich auf einer Fläche von 25 bis 30 Hektar errichtete Siedlung mit ungefähr 2000 Einwohnern in Teilen als Freilichtmuseum wiederaufgebaut. Die freigelegten und teilweise rekonstruierten Gebäude, Häuserfassaden, Straßenzügen mit überdachten Gehsteigen und Abwasserkanälen vermitteln einen Eindruck vom Alltag einer gallorömischen Etappenstadt vor 2000 Jahren. Handwerker und Händler wohnten in den Häusern, Fuhrleute und Gespanne transportierten Baumaterialien, Amphoren und Fässer. Heute wie damals imposant: das „Haus des Augenarzts“ mit seiner vornehm wohnlichen Ausstattung sowie das Säulenkellerhaus, das seinen Namen dem großartigen Keller mit fünf Säulen verdankt. An der Straßenkreuzung bei „Capitolinus“ konnte man essen und trinken. Und gleich daneben bot die Herberge Handelsreisenden, Beamten und Durchreisenden Unterkunft. Alle Häuser verfügten über repräsentative Wohnzimmer mit Fußbodenheizung (Hypokausten) und aufwendigen Wandmalereien.
Durch den Park mit seinem rekonstruierten gallorömischen Umgangstempel für den Gott Merkur gelangt der Besucher zum barocken Edelhaus, das vom Zweibrücker Herzog Gustav Samuel Leopold um 1725 in Auftrag gegeben worden war. Im Obergeschoss sind die römerzeitlichen Zeugnisse der Vergangenheit ausgestellt, im Erdgeschoss sind 30 spätbarocke Gemälde zu bewundern. Sie haben als Dauerleihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen den Weg von München in ihre alte Heimat zurückgefunden. Die Landschafts- und Tierbilder waren Auftragswerke für den Herzogshof unter den Wittelsbachern Christian IV. (1735–1775) und seinem Neffen Karl II. August (1775–1795). Diese Sammlung war von Johann Christian von Mannlich (1741 bis 1822) zusammengetragen geworden. Aus seinen Memoiren wissen wir, dass er sie vor den Wirren der Französischen Revolution über Mannheim nach München rettete. Der Zweibrücker Herzog Maximilian Josef hatte 1799 den Kurfürsten Karl Theodor beerbt und zog nach München. Die Gemälde mit ihren teils idealen, teils annähernd lokalisierbaren Landschaften und Tieridyllen vermitteln einen Blick in die Welt des höfischen Barock.
Mehrmals im Jahr erwacht der gallorömische Vicus mit Händlern, Handwerkern, Haussklaven, Medizinern, Auguren und anderen zu neuem Leben und illustriert die gallorömische Vergangenheit. Von März bis Oktober werden Kindergeburtstage, Ganztags- und Halbtagsprojekte zum römischen Leben für Gruppen und Schulklassen angeboten.

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