Im vergangenen Jahr rief die Videoplattform YouTube ihre Mitglieder auf, an einem Casting für ein eigenes Symphonieorchester teilzunehmen. Jene Glücklichen, die schließlich unter 3000 Bewerber(inne)n ausgewählt wurden, gaben im April 2009 in der New Yorker Carnegie Hall unter der Leitung von Stardirigent Michael Tilson Thomas ein weltweit beachtetes und von Stars wie Lang Lang unterstütztes Konzert. Wiewohl die Kritiken eher mau waren, feierten viele diesen Event als Öffnung der klassischen Musikszene in Richtung breites Publikum. Ähnliche Hoffnungen hegt man bekanntlich auch, was Gustavo Dudamel und sein Simón Bolívar Youth Orchestra betrifft.
Ist die klassische Musik tatsächlich ein „elitäres Programm“? Die Wiener Festwochen und die Wiener Konzerthausgesellschaft widmen sich im Frühjahr 2009 ebenfalls dieser Frage. Das 34. Internationale Musikfest lädt zur intensiven Auseinandersetzung mit dem ambivalenten Begriff der „Elite“ ein. Im Mittelpunkt des Festivals steht natürlich der Jahresregent Joseph Haydn (1732–1809), der sich vor allem dank dem Fürstenhaus Esterházy ungehindert auf sein Schaffen konzentrieren konnte. Und noch lange nach Haydns Zeit war es ein Privileg der Aristokratie und des Bürgertums, klassische Musik zu hören.
Fraglos zur Elite zählen jedenfalls 2009 die im Rahmen des Festivals auftretenden Künstlerinnen und Künstler – sie sind die spannendsten und besten ihres jeweiligen Fachs, wie schon das im Zeichen von Haydn stehende Eröffnungskonzert mit den Wiener Philharmonikern unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt und mit dem Solisten Clemens Hagen beweist. Der weltberühmte Klangkörper wird in der Folge zudem unter den Maestri Daniele Gatti (unter anderem Igor Strawinsky), Pierre Boulez (unter anderem Karol Szymanowski, Alexander Skrjabin; mit dem Violinisten Christian Tetzlaff) und Seiji Ozawa (unter anderem Frank Martin, Felix Mendelssohn Bartholdy) zu erleben sein. Weitere Konzerthöhepunkte sind von den Wiener Symphonikern zu erwarten, die unter Fabio Luisi und Sakari Oramo Werke unter anderem von Jean Sibelius intonieren, oder auch vom phänomenalen Radio-Symphonieorchester Wien unter Bertrand de Billy (unter anderem Arnold Schönberg, Olivier Messiaen, Richard Strauss). Ebenfalls zu erleben sind die Bamberger Symphoniker (unter anderem Schönberg; mit Pierre-Laurent Aimard), das Orchester Les Musiciens du Louvre unter Marc Minkovski, das Freiburger Barockorchester und die Österreichisch-Ungarische Haydn-Philharmonie. Unter den Solist(inn)en finden sich Stars wie Rudolf Buchbinder, Mitsuko Uchida und Maurizio Pollini. Die Neue Musik ist mit Ensembles wie dem Klangforum und dem Ensemble Die Reihe vertreten. Ebenso zu Gast im Konzerthaus sind überdies Stars aus Jazz und World Music wie der Pianist Abdullah Ibrahim und das Michel-Camilo-Trio.
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