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Verbrennungen

10. April 2010 bis 20. Jan. 2011
Wajdi Mouawad erzählt eine vielschichtige Tragödie mit nahezu antiker Wucht. Er verwebt die gegensätzlichen Realitäten des krisengeschüttelten Nahen Ostens und des sicheren Westens, zeigt individuelle Lebensgeschichten wie auch den kollektiven Kollaps des Krieges. Sein Stück ist ein als Krimi getarntes Puzzlespiel, das letztlich die Komplexität einer widersprüchlichen Gegenwart aufzeigt.

Nawal: „Die Zeit ist wie ein verrücktes Huhn. Sie läuft ohne Kopf herum.“

Die Zwillinge Jeanne und Simon erfahren beim Notar den letzten Willen ihrer verstorbenen Mutter Nawal. Nackt will sie beerdigt werden, mit dem Gesicht zum Boden. Kein Sarg, kein Leichentuch, kein Stein, keine Inschrift. So steht es im Testament. Weiter hinterlässt sie ihren Kindern zwei Briefe: Einen für Jeanne, aber die soll ihn nicht lesen, sondern ihrem totgeglaubten Vater geben. Einen für Simon, aber der soll ihn nicht lesen, sondern seinem Bruder geben, von dem er bisher nichts wusste. Damit beginnt die Spurensuche im verschollenen Leben der Mutter, die sich zwischen einer westlichen Großstadt und einer vom Bürgerkrieg erschütterten Dorfgemeinschaft im Nahen Osten erstreckt. Sie erscheint wie eine Reise in die tiefste Vergangenheit – und findet doch im Hier und Heute des 21. Jahrhunderts statt.

Als 14-Jährige verliebt sich Nawal in ihrem Heimatdorf in den Flüchtlingsjungen Wahab und wird schwanger. Nawals Mutter ist unerbittlich: Das Kind wird ausgetragen, dann kommt es weg – in ein entferntes Waisenhaus. Auch Wahab muss das Dorf verlassen. Nawal ist verzweifelt, kann sich aber nicht wehren – als Frau ohne Bildung hat sie nicht die geringste Chance, sich gegen die strengen Regeln der Dorfgemeinschaft durchzusetzen. Ihre Großmutter rät ihr, lesen und schreiben zu lernen. Nawal geht fort, um zu lernen, und wird nur noch ein einziges Mal ins Dorf zurückkehren, um ihr Versprechen einzulösen: den Grabstein ihrer Großmutter mit deren Namen zu versehen. Als sie das Dorf wieder verlässt, um ihren Sohn zu suchen, schließt sich ihr Sawda an, ein Mädchen aus dem angrenzenden Flüchtlingslager. Die beiden Frauen verbringen viele Jahre gemeinsam mit der Suche nach Nawals Sohn. Sie bewegen sich durch ein vom Bürgerkrieg erschüttertes Land, das im Kreislauf von Gewalt und Gegengewalt gefangen ist. Sie leisten Widerstand gegen die verbrecherische Militärregierung.

Jeanne und Simon nähern sich Stück für Stück dem sorgfältig gehüteten Geheimnis ihrer Mutter Nawal, das sie dazu zwingt, die eigene Identität zu hinterfragen.

Regie: Anna Badora
Bühnenbild: Raimund Orfeo Voigt
Kostüme: Uta Meenen
Musik: Gerd Bessler
Licht: Gerhard Fischer
Dramaturgie: Regula Schröter

Nawal: Andrea Wenzl
Nawal, Nazira: Steffi Krautz
Sawda: Verena Lercher
Simon: Florian Köhler
Jeanne: Pauline Knof
Hermile Lebel, Fremdenführer: Dominik Warta
Antoine, Hausmeister, Chamseddine: Götz Argus
Nihad, Wahab, Soldat: Gustav Koenigs
Abdessamad, Malak: Otto David
Ralph, Arzt, Soldat, Fotograf: Sebastian Reiß
Elhame, Mutter, Dorfgemeinschaft: Ensemble

Details zur Spielstätte:
Hofgasse 11, A-8010 Graz

Veranstaltungsvorschau: Verbrennungen - Schauspielhaus Graz - Schauspielhaus

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