Genau diese Grenzüberschreitung wird auch in Georges Bizets 1875 uraufgeführter „Carmen“ gezeigt: Schmuggler, Offiziere, Toreros und Zigeuner werden pittoresk zwischen Gesetz und Verbrechen, Pflicht und Vergnügen, Leben und Tod, Liebe und Leid gesetzt.
Stefan Herheim, vom Grazer Opernpublikum für seine Inszenierungen beispielsweise von „Rusalka“ und zuletzt „Xerxes“ gefeiert, siedelt die Oper in einer musealen Kunst-Arena an, deren Ebenen zwischen Ideal und vermeintlicher Realität wetteifern. Sexuelle Hörigkeit, dämonische Angst, lustvolles Verlangen, Freiheitsträume und das, was man Liebe nennt, sind Motivatoren, Carmen einen Rahmen zu geben, doch zu fassen ist sie nicht. Sie ist die Projektionsfläche, ein schillernder Traum, ein Bild, das für den Moment der Betrachtung alles verspricht und doch nur die Sehnsucht der Betrachter reflektiert.