Thematischer und formaler Ausgangspunkt für Speicher ist VariaVision - Unendliche Fahrt, eine 1965 realisierte, heute verschollene intermediale Arbeit von Alexander Kluge (Texte), Edgar Reitz (Filme) und Josef Anton Riedl (Musik) zum Thema des Reisens. VariaVision bot als Rauminstallation mit gleichzeitigem Vorführen und Wiedergeben von Filmen, mehrkanaliger Musik und Sprache eine neue und andere Wahrnehmung von Musik, Film und Text. Reitz und Kluge unterrichteten an der Hochschule für Gestaltung Ulm (HfG), die in der kurzen Zeit ihres Bestehens zwischen 1953 und 1968 maßgeblich die deutsche und internationale Design-, Kunst- und Mediengeschichte geprägt hat.
In der Hochschule stand ab 1963 eines der ersten elektronischen Studios in Westdeutschland, das 1959 in München gegründete Siemens-Studio für elektronische Musik. Das Studio mit seinen neuen, rein elektronisch erzeugten Klängen wurde sehr erfolgreich von internationalen Komponisten und Musikproduzenten genutzt. Heute ist es im Deutschen Museum München ausgestellt. Riedl realisierte die Musik für VariaVision in diesem Studio.
Diese Klänge, Töne, Geräusche werden aufgezeichnet und bilden die Basis für eine neue Komposition. In sie eingebettet ertönt eine vielstimmige Collage, ein Textkonvolut zum Thema Reisen und Bewegung. In Speicher wird nicht linear erzählt, sondern Themen, Geschichten und Zeitebenen verschränken sich in tönenden Schleifen und Spiralen mit dem Heute. Mit Speicher realisiert Melián eine Raumsituation, die die Konzeption von VariaVision mittels Projektionen und Wandzeichnungen, Stimme und Musik aufgreift. Die Besucher erleben sich dynamisch als Teil dieser Installation, in der der Standpunkt des Publikums nicht definiert ist.