Die Schau im Kunsthaus Graz nimmt ihren Ausgangspunkt bei der assoziativ verknüpfenden, prozesshaft angelegten Arbeitsweise des Künstlers, in der Gesehenes, Erlebtes und Imaginiertes aufeinandertreffen. Kindheitserinnerungen und Cartoons dienen genauso als künstlerische Impulse wie eigene Fotografien, Fernsehbilder, Webcams oder tagesaktuelle Bilder aus dem Internet. Als Spuren geraten sie in den Malprozess und werden dabei verdichtet, abstrahiert oder auch ausgelöscht. Die Ausstellung führt erstmalig Brandls wichtigste Werkgruppen – abstrakte und figurative Malerei, Malerei und Skulptur – sowie Arbeiten von Edelgard Gerngross und Thomas Baumann zusammen. Sie werden in Beziehung zueinander, aber auch zum Raum des Kunsthauses gesetzt, wobei biografische, konzeptuelle und materielle Verbindungen herausgestellt werden. Das von Brandl mit dem Gestalter Rainer Stadlbauer entwickelte Display nimmt seinen Ausgangspunkt bei Überlegungen des Künstlers und übersetzt diese ins Räumlich-Architektonische.
Die Ausstellung MORGEN entfaltet sich auf zwei Etagen des Kunsthauses. Die auf den ersten Blick unterschiedlichen Präsentationsformen adressieren die Singularität des einzelnen Werks und setzen dieses gleichwohl in Relation zu den anderen gezeigten Werken und zum architektonischen Raum. Im Space02 schlängelt sich eine mehrteilige gelbe Wand zickzackförmig durch den Raum. Dies erzeugt eine Dynamik in Ansicht und Abfolge der gezeigten Werke. Weil die einzelnen Wände vor- und zurückspringen, "verschwinden" in der und über die Bewegung bestimmte Bilder und es entstehen fortlaufend neue Nachbarschaften und Perspektiven. Im Space01 des Kunsthauses strukturieren mehrere großformatige abstrakte Leinwandbilder, präsentiert auf deckenhohen Metallstützen, den Raum. Auch hier eröffnen sich im Durchschreiten der Ausstellung überraschend weitere Perspektiven, Bilder und Räume. Von einem bestimmten Standpunkt aus kann jedes Leinwandbild für sich wahrgenommen werden. Die Werke bilden aber auch Ensembles beziehungsweise fragmentieren sie sich je nach Bewegung im Raum.
Im Rahmen von MORGEN entsteht ein Künstlerbuch in limitierter Edition und ein Katalog, der im Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König erscheint. Beide orientieren sich an Büchern, die Brandl in den letzten Jahren beinahe jährlich für sich selbst und einige wenige Freunde publiziert hatte und die sein gesellschaftliches wie künstlerisches Interesse zeigen. In My Instagram Diary oder My Facebook Year greift der Künstler auf eigene Fotos und Bilder im Netz zurück. Für das Kunsthaus Graz entsteht in Anlehnung daran eine in mehrfacher Hinsicht außergewöhnliche Publikation, die das Entstehen der Ausstellung von Anfang 2019 bis Oktober 2020 nachvollziehbar macht und auf der Bildebene auch Querverbindungen zu seinen Ausstellungen im Belvedere 21 in Wien und im Künstlerhaus, Halle für Kunst & Medien herstellt.