Das KUNST HAUS WIEN würdigt den 89-jährigen Fotografen und Maler Saul Leiter in einer großen Retrospektive, die in Kooperation mit dem Haus der Photographie / Deichtorhallen Hamburg entstand. Die Ausstellung vereint in einem großen Spannungsbogen frühe Schwarz-Weiß- und Farbaufnahmen, Modefotografien, übermalte Aktfotos, seine Malerei sowie eine Auswahl seiner Skizzenbücher. Ein Kapitel der Ausstellung widmet sich außerdem den neuen Fotoarbeiten von Saul Leiter, die er immer noch auf den Straßen des New Yorker East Village aufnimmt.
Saul Leiter erfährt erst seit wenigen Jahren die verdiente Würdigung als einer der führenden Pioniere der Farbfotografie. Schon ab 1946, weit vor den Vertretern der "New Color Photography" der 1970er-Jahre wie William Eggleston und Stephen Shore, benutzte er als einer der Ersten die damals von Künstlern verachtete Farbfotografie für seine freien künstlerischen Aufnahmen.
In seinen Aufnahmen fließen die Genres der Street-, Porträt-, Still-Life-, Mode- und Architekturfotografie zusammen. Er findet seine Motive wie Schaufenster, Passanten, Autos, Schilder und immer wieder Regenschirme in der unmittelbaren Umgebung seiner New Yorker Wohnung, die er seit fast 60 Jahren bewohnt. Die Unschärfe im Detail, die Verwischung von Bewegung und die Minderung der Tiefenschärfe, der Ausgleich oder gewollte Entzug von notwendigem Licht und die Verfremdung durch Fensterdurchsichten und Spiegelungen − dies alles verschmilzt zur Farbsprache eines halb realen, halb abstrahierten urbanen Raums. Es sind Arbeiten eines fast noch unentdeckten modernen Meisters der Farbfotografie der 1940er- und 1950er-Jahre.
Leiter hat sich immer als Maler und Fotograf verstanden. Die Übergänge zwischen Abstraktion und Figurativem in seinen Malereien und Fotografien sind nahezu nahtlos. Saul Leiters Straßenfotografie – damit ist er beispiellos in diesem Genre – ist eigentlich Fotografie gewordene Malerei.