Minimalistisch, wie er ist, nannte Bruno Beltrão, der 29-jährige brasilianische Choreograf, der sich und seine Grupo de Rua bei den Wiener Festwochen 2005 mit der atemberaubenden HipHop-Reflexion H2 vorstellte, seine neue Arbeit schlicht H3 – doch sollte das niemanden hinwegtäuschen über den ebenso originellen wie authentischen Charakter dieser in jeder Hinsicht großen und bereits weltweit gefeierten Produktion der „Straßentänzergruppe“ aus Rios Peripherie.
Kontakt – obwohl Klischee und Fetisch des zeitgenössischen Tanzes – meidet der HipHopper eigentlich. Sein Tanz ist traditionell solistisch, frontal, machistisch; fremde Körper sind ihm bestenfalls Supporte, Sprungschanzen. Doch in H3 ist die Straße nur noch zu hören, durch die Fenster des an die Rückwand projizierten Probenraums, und die Streetshow-Solisten von einst tanzen Duos und Trios, tastend, aneinander krachend oder wellenförmig verschmelzend. Das Zögerliche ihrer tänzerischen Annährungen ist das Sensationelle; immer wieder entlarvt sich die Kontaktaufnahme paradoxerweise als Kontaktverhinderung, Entfremdung. Erst im kollektiven Strudel, wenn die neun jungen Tänzer wie ein herzklopfend pulsierender Schwarm mit unglaublicher Beschleunigung immer wieder rückwärts im Kreis laufen und dabei alle Bodenhaftung und -lastigkeit zu verlieren scheinen, löst der Widerspruch sich auf, ist HipHop erlöst.
In der Halle G im MuseumsQuartier!