Selbstgebastelte, wirklichkeitsresistente Verschwörungsmythen sind in Zeiten von Krisen weit verbreitet, auch die Verfälschung der eigenen Identität bis hin zu Hochstapelei in „sozialen Medien“. Literarische Fiktion wie die Auferstehung Adolf Hitlers im Roman „Er ist wieder da“ ebenso wie die Überzeugung, „dass Elvis lebt“, mögen als harmlos gelten; gänzlich anders müssen menschenverachtende Verschwörungserzählungen eingeordnet werden, die die Wirklichkeit in bedrohlicher Weise entstellen. Die dort stets präsenten, Kommunikation ausschließenden Argumente „Alternativlosigkeit“ oder „historische Gesetzmäßigkeit“ mussten schon oft als Begründung für Repressionsmaßnahmen herhalten.
Von Hugo Portisch, dem unlängst verstorbenen Doyen des österreichischen Journalismus, stammt folgender Satz: „Meine Maxime: Check - Recheck - Double Check. Eine Information muss zweimal überprüft werden, bevor sie ins Blatt darf.“
Diese Aussage mag wie ein mahnender Anspruch Hintergrund für die 30. Braunauer Zeitgeschichte-Tage sein. Sie gilt nicht nur für Journalistinnen und Journalisten. Galten früher gedruckte Lexika und Enzyklopädien als quasi unantastbare Auskunftsquellen, so hat seit 20 Jahren das Internet, dort vor allem die Online-Enzyklopädie Wikipedia, diesen Platz eingenommen, mit all den daraus erwachsenden Verpflichtungen. Das Thema wird in Vorträgen und Diskussionen beleuchtet. Die Beiträge, für die zahlreiche Fachleute zugesagt haben, wollen Antworten geben auf Fragen nach kulturgeschichtlichen Motiven, etwa der Funktion moderner Kommunikationsmittel, nach Strategien der Meinungsmanipulation, ebenso die Absichten gesellschaftlicher Einflussnahme und die Ursachen individueller Orientierung bzw. Desorientierung durchleuchten.
Zur Einstimmung wird bereits am Donnerstag 23. Sept. 2021, 19.30 Uhr, im GUGG die 1969 entstandene und am 8. Februar 1970 gesendete TV-Dokumentation „Stadt ohne Führer. Ansichten aus Braunau am Inn“ von Ernst-Ludwig Freisewinkel (WDR) gezeigt. Der Autor hatte Braunau anlässlich des 80. Geburtstages von Adolf Hitler porträtiert - die Außensicht vor mehr als 50 Jahren bieten Anlass zu Fragen und Vergleichen mit heute.
Die Veranstalter wissen wohl um die Problematik, ein vielfältiges Programm anzukündigen, das vielleicht wegen Maßnahmen der Bundesregierung zum Schutz der Gesundheit nicht realisiert werden kann. Wir haben aus den positiven Erfahrungen des Vorjahres gelernt und hoffen daher, wieder möglichst viele Gäste bei unserer Tagung Ende September begrüßen zu können.
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