Das liegt vor allem am Aufbau und der Funktion von Verschwörungstheorien. Für Anhängerinnen und Anhänger entfalten sie ihren Reiz darin, eine komplizierte und unübersichtliche Welt in simplen Zusammenhängen zu erklären und klar zu benennen, wer zum Lager des „Guten“ und wer zu dem des „Bösen“ gehört. Diese Gegenüberstellung von „Uns“ und „Ihnen“ bedarf immer eines Feindes.
Da sich eine solche Feindschaft jedoch in den komplexen politischen Zusammenhängen der realen Welt nicht finden lässt, muss sie konstruiert werden. Zu diesem Zweck bietet es sich für Anhängerinnen und Anhänger von Verschwörungstheorien an, auf alte Erzählungen zurückzugreifen und an diese anzuknüpfen, um die aktuelle, vermeintliche Verschwörung in eine lange Tradition des Kampfes zwischen Gut und Böse zu stellen. Diese traditionell weitergereichten Narrative entfalten dann die Wirkung des vermeintlich „alten Wissens“, welches schon seit jeher den Menschen bekannt war, welche die vermeintliche Verschwörung durchschauten.
Als Platzhalter für das vermeintlich „Böse“ wurden immer wieder Jüdinnen und Juden missbraucht, was bereits im Mittelalter zu ihrer Verfolgung und zur Zeit der NS-Diktatur zum systematischen Völkermord führte. Aus der Verschwörungserzählung von vergifteten Brunnen wurden beispielsweise „Chemtrails“, aus den (nachweislich gefälschten) „Protokollen von Zion“ wurde die „Neue Weltordnung“.
In dem Maße, wie Charakter und Inhalt der Behauptungen im Kern gleichbleiben und nur eine Aktualisierung auf die Moderne erfahren, wohnt also nahezu jeder Verschwörungstheorie ein Antisemitismus inne, selbst wenn Jüdinnen und Juden gar nicht offen als vermeintliche Feinde benannt werden.
Freier Eintritt
Davor um 17 Uhr gibt es eine Führung durch die Ausstellung Jüdisches Leben in Graz.