Ensemble UNIDAS
Theresa Dlouhy - Sopran
Eva Reiter - Viola da Gamba
Christopher Dickie - Laute
Was passiert, wenn die Zeit still steht?
Was lässt sich denken, wenn Zeit keine Rolle mehr spielt?
Dann könnte ein so wunderbar timbriertes Stück wie John Dowlands "Time stands still" unendlich hin und herwogen wie von Wellen umspieltes Seegras und nie wieder aufhören. Dann gäbe es kein Gestern, kein Heute oder Morgen, dann bräuchten wir uns um die zeitlichen Abgründe zwischen der Klangwelt der Renaissance und jener der Gegenwart, um die Verbindung und wechselseitige Durchdringung dieser so unterschiedlichen Musik- und Hörkulturen keine Gedanken mehr zu machen.
Aus einer anderen Perspektive ergibt sich folgendes Bild: Musik braucht ihre Zeit, um sich zu entfalten, sie hat ihren eigenen Herzschlag, ihr jeweils eigenes, richtiges inneres Zeitmaß. Sie taucht aus der Stille, aus dem Nichts, aus dem Ungeformten auf und kehrt am Ende wieder dorthin zurück. Das Ensemble UNIDAS um die Wiener Gambistin Eva Reiter hat sich zum Ziel gesetzt, jene Zwischenräume auszuloten, die sich zwischen dem komponierten Jetzt und den im Dunkel ausklingenden Lautensaiten Dowlands und seiner Zeitgenossen auftun.
Dem Herzschlag eines Liebesgedichts der Lyrikerin Herta Kräftner spürt der ar-menische Komponist Ashot Zohrabyan nach, der als Gast des Festivals zu dieser Uraufführung eingeladen wurde. Wie Zohrabyans Stücke beschwören Kräftners emotional aufgeladene und suggestive Dichtungen elegische Stimmungen der Vergänglichkeit, der Melancholie und der Zerbrechlichkeit des Lebens herauf. In der Nacht vom 12. auf den 13. November 1951 nahm sich Herta Kräftner, die kometengleich die österreichische Literaturszene der Nachkriegszeit durchzog und kurz als eines der vielversprechendsten Künstlertalente wahrgenommen wurde, das Leben. Sie wurde 23 Jahre alt.
Kompositionen von John Dowland, Carlo Inderhees, Tobias Hume, Gerd Kühr, Ashot Zohrabyan (UA, Kompositionsauftrag Festival 4020)
"Wie viel Gegenwart ist in der Musik der Vergangenheit vorausgeahnt worden, die wir noch nicht entdeckt haben? Wie viel bereits Gehörtes ist in der Musik der jeweiligen Gegenwart notwendig, um Neues zu rechtfertigen?" - Mauricio Kagel