Eine der acht Sparten der ayurvedischen Medizin heißt Vajikaranam. Das bedeutet so viel wie Aphrodisiakum. Der Koch, dem der Schriftsteller Martin Suter in seinem jüngsten Roman Gestalt und Leben gibt, heißt Maravan, ist tamilischer Asylwerber und arbeitet in einem Zürcher Sternelokal als Hilfskraft. Der Koch – so betitelt Suter übrigens auch den Roman – ist von seiner Großtante in die Geheimnisse der aphrodisischen Küche eingeweiht worden. Als er im Gourmettempel den Job verliert, beginnt er für Paare, die eine Sexualtherapeutin vermittelt, Liebesmenüs - Love food – zuzubereiten, mit fatalen Folgen. Auf die Frage, warum ausgerechnet ein Tamile zur Hauptfigur wurde, verweist Suter auf das Faktum, dass in der Schweiz die meisten Küchenhilfen tamilische Asylwerber sind, die wie Underdogs behandelt werden. Das interessiert die Gäste dieser Restaurants – Politiker, Manager und Banker – allerdings wenig. Also jenes Publikum, dessen Status-Fixiertheit und Bonigeilheit Martin Suter schon vor Jahren in seiner „Business Class“-Kolumne einer Schweizer Zeitung mit bitterer Ironie vorgeführt hat.
In Kooperation mit dem Diogenes Verlag und Ö1.