„Selbst wenn der Kaiser und der König Napoleon Venedig mit seinem Besuch beehrt hätte, hätte seine Ankunft niemanden von Rossini abgelenkt. Es war der helle Wahnsinn, eine echte Furore, wie die schöne italienische Sprache sagt…“
Mit den Aufführungen von Tancredi und L’italiana in Algeri durch eine italienische Operntruppe in München und Wien breitete sich die Rossinimania auch nördlich der Alpen aus. Die berühmte Arie „Di tanti palpiti“, so bemerkte ein Wiener Kritiker 1817 tadelnd, „tönt bey uns aus allen Strassen-und Zimmer-Ecken“, und weder Beethoven noch Schubert blieben von der allgemeinen Begeisterung unberührt. Ob denn „der tolle Lärm, den Sie in der Scala gehört haben“, tatsächlich das in Gesang verwandelte Aufbegehren des politisch unfreien Italiens war, wie Heinrich Heine meinte, oder der Rausch, den Rossinis Crescendi hervorriefen, doch eher über diese politische Unfreiheit hinwegtäuschen sollte – fest steht jedenfalls, dass Rossinis Musik ihre Hörer süchtig machte. Wien spielte dabei, als erste Opernmetropole nördlich von Italien, eine bedeutende Rolle: Schon 1817 erschien im Theater in der Josefstadt eine Parodie von Adolf Bäuerle auf Tancredi, wobei das so berühmte „Di tanti palpiti“ durch „Die Tant, die talkerti“ ersetzt wurde. Und 1818 wurde Tancredi zum ersten Mal in deutscher Sprache gegeben – im Theater an der Wien, wo Marie-Nicole Lemieux gemeinsam mit dem Ensemble Matheus unter Jean-Christophe Spinosi 2015 eine neue Rossinimania heraufbeschwören wird!