Franz Lerche, Mädchen mit Hut, 1929 © Belvedere, WienJeanne Mammen, Revuegirls, 1928/29, Berlinische Galerie © VG Bild-Kunst, Bonn, 2013Josef Engelhaft, Eine Wiener Straßenfigur (Der Pülcher), 1888, Belvedere, Wien (Leihgabe des Vereins der Museumsfreunde, Wien) Otto Friedrich, Elsa Galafrès, 1908 © Belvedere, WienEgon Schiele, Eduard Kosmack, 1910, Belvedere, Wien

Wien Berlin

Kunst zweier Metropolen. Von Schiele bis Grosz.

Die Berlinische Galerie und die Österreichische Galerie Belvedere präsentieren in einer großen Sonderausstellung erstmals gemeinsam zentrale Werke der Wiener und Berliner Moderne von den Sezessionen über den Expressionismus bis hin zur Neuen Sachlichkeit. Meisterwerke beider Sammlungen und bislang weniger beachtete Positionen geben im Zusammenspiel einen umfassenden Einblick in den intensiven Austausch beider Metropolen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Während die künstlerischen Beziehungen in den Bereichen Literatur, Theater und Musik bereits weitgehend bekannt sind, widmet sich die Ausstellung mit rund 200 Exponaten dem bislang nicht aufge­arbeiteten Dialog Wiener und Berliner ­Positionen der klassischen Moderne in der bildenden Kunst. Ausgangspunkt sind die Gründungen der Sezessionen, deren Pro­tagonisten sich in Abkehr vom Akademismus zwischen Jugendstilkunst und Spät­impressionismus bewegen. Der Aufbruch in die Moderne zeigt sich auf beiden Seiten in der Suche nach neuen Ausdrucksmitteln. Doch während sich die Berliner Sezessionisten um Max Liebermann zunehmend der Alltagswirklichkeit widmen und die Erfahrung der Großstadt thema­tisieren, dominiert bei den Wiener Stilkünstlern um Gustav Klimt und Koloman Moser die ornamentale Form, häufig in Verbindung mit einer symbolistischen Bildsprache. Zahlreiche Ausstellungen jener Zeit zeugen allerdings von stetem Austausch und gegenseitiger Kenntnisnahme.
Mit der jüngeren Generation der Expres­sionisten, vertreten unter anderem durch Ernst Ludwig Kirchner, verdrängt das aufstrebende Berlin im Verlauf der 1910er-Jahre die Donaumetropole Wien zusehends aus ihrer Rolle als führende Kunststadt. Junge österreichische Künstler wie Oskar Kokoschka und Egon Schiele treten aus dem Schatten Klimts und werden mit ihrer avantgardistischen Kunst in Berlin einem aufgeschlosseneren, aber auch kritischen Publikum bekannt gemacht. Kunsthändler und Publizisten wie Paul Cassirer, Herwarth Walden oder Karl Kraus sind in der Kunstwelt beider Städte gleicher­maßen zu Hause und knüpfen ein enges Netzwerk, über das vor allem nach dem Ersten Weltkrieg zahlreiche Künstler nach Berlin kommen.
Der Untergang der Donaumonarchie nach dem Ersten Weltkrieg sowie der Tod wichtiger Künstler wie Egon Schiele und Gustav Klimt lassen die Wiener Kunstwelt in den 1920er- und 1930er-Jahren aus dem Fokus der internationalen Wahrnehmung verschwinden. Während sich Dada, Verismus und Neue Sachlichkeit in Berlin offensiv mit der neuen politischen und gesellschaftlichen Lage auseinandersetzen, geschieht dies in der österreichischen Metropole nur vereinzelt.
Zugleich entwickeln sich in Wien völlig eigenständige Phänomene wie der Kine­tismus, der in utopischen Weltentwürfen eine avantgardistische Bildsprache zur Anwendung bringt. Bislang zu Unrecht wenig beachtet wurde außerdem die spezielle österreichische Interpretation der Neuen Sachlichkeit. Sie weist Verbindungen zu den Berliner Werken eines Otto Dix oder George Grosz auf, steht aber gleicher­maßen in der Wiener Tradition psychologisierender Kunst.
Die von Friedrich Kiesler organisierte Internationale Ausstellung neuer Theater­technik lässt die Donaumetropole 1924 wieder zu einem Anziehungspunkt der Avantgarde werden. Mit dem Ausstellungsmacher und Kunsthistoriker Hans Tietze wird schließlich eine historische, hierzulande fast unbekannte Persönlichkeit gewürdigt, dessen Aufforderung zur „lebendigen Kunstwissenschaft“ die Schau „Wien Berlin. Kunst zweier Metropolen” inspiriert hat.

Eine Auswahl der Künstler(innen)
Hans Baluschek, Max Beckmann, Otto Dix, George Grosz, Carry Hauser, Raoul Hausmann, Hannah Höch, Ernst Lud-wig Kirchner, Erika Giovanna Klien, Gustav Klimt, Oskar Kokoschka, Broncia Koller-Pinell, Max Liebermann, Jeanne Mammen, Ludwig Meidner, Koloman Moser, Max Oppenheimer, Emil Orlik, Christian Schad, Egon Schiele, Max ­Slevogt.

Rahmenprogramm zur Ausstellung
Lange Wien-Nächte:
Die Lange Wien-Nacht Film:
1. November 2013, 18–22 Uhr
Die Lange Wien-Nacht Literatur:
6. Dezember 2013, 18–22 Uhr
Die Lange Wien-Nacht Musik
10. Januar 2014, 18–22 Uhr
Familienfest in der Berlinischen Galerie am Sonntag, 10. November 2013
Interdisziplinäres wissenschaftliches Symposium Wien Berlin
24. und 25. Januar 2014

Ausstellungsdauer:
Berlinische Galerie, Berlin
bis 27. Januar 2014

Galerie Belvedere, Wien
14. Februar bis 15. Juni 2014

Informationen

Berlinische Galerie

Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur

Alte Jakobstraße 124–128, D-10969 Berlin

Mi–Mo 10–18 Uhr

http://www.berlinschegalerie.de


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