Friedrich Torberg. Die „Gefahren der Vielseitigkeit“

Die Ausstellung begibt sich auf Torbergs Spuren und widmet sich in zahlreichen Facetten den Themen Literatur, Exil, Kalter Krieg, Judentum, Israel und Sport. Neben Manuskripten, Briefen, Büchern, Fotos und Zeitdokumenten werden auch TV- und Radiomitschnitte präsentiert.
Dorotheergasse 11, Palais Eskeles, A-1010 Wien

„Auf dem Papier war er ein böser Mensch, in Fleisch und Blut ein lieber.“ So schreibt Günther Nenning in einem Nachruf auf Friedrich Torberg (1908–1979). Derart gespalten sind bis heute auch die Meinungen: Seinen Freunden ist Torberg von jeher ein geistreicher Schriftsteller und pointierter Kritiker, ein stets bewusster Jude und Zionist, der in den Anekdoten seiner Tante Jolesch die „gute alte Zeit“ vor dem jüdischen Exodus aus Österreich wie kein anderer literarisch wiedererstehen lässt. Seinen Feinden ist er der Initiator des „Brecht-Boykotts“ und ein kultureller Scharfrichter.
Torberg war Schriftsteller, Journalist, Übersetzer, Herausgeber, und er war als Multitalent ein Frühvollendeter: 1928 gewann er mit einer jüdischen Mannschaft die tschechoslowakische Wasserballmeisterschaft, 1930 machte ihn sein erster Roman, Der Schüler Gerber hat absolviert, schlagartig berühmt. Der vielversprechenden Karriere wurde jedoch durch die Flucht 1939 ein jähes Ende gesetzt. Im US-Exil (1940–1951) erschienen lediglich die kunstvolle KZ-Novelle Mein ist die Rache (1943), gleichwohl sein literarisch bedeutsamstes Werk, und der kontrovers diskutierte Roman Hier bin ich, mein Vater (1948). 1951 kehrte er nach Wien zurück, wo er mit dem FORVM eine wichtige Kulturzeitschrift herausgab (1954 bis 1965), die im Kalten Krieg eine streng antikommunistische Position einnahm. Die Übersetzungen von Ephraim Kishon waren nicht nur Bestseller, sondern auch Werbung für den jungen Staat Israel. Durch seine Vielseitigkeit wurde Torberg eine ebenso dominierende wie umstrittene Persönlichkeit der österreichischen Kulturgeschichte, die noch immer so präsent ist wie kaum eine zweite aus dieser Generation.
Die Ausstellung im Jüdischen Museum Wien ist eine Kooperation mit der Wienbibliothek im Rathaus. Aus dem dort aufbewahrten Briefnachlass Torbergs stammt der Großteil der Ausstellungsexponate, andere kommen vor allem aus den Beständen der Österreichischen Nationalbibliothek.
bis 1. Februar 2009, Palais Eskeles

Vorschau auf 2009
Hanns Eisler und Wien
In der Reihe „Musik des Aufbruchs“ zeigt das Jüdische Museum Wien eine Ausstellung, die dem Komponisten Hanns Eisler gewidmet ist. Eislers Leben und Werk und sein besonderes Verhältnis zur Stadt Wien werden im Spannungsfeld der europäischen Zeitgeschichte beleuchtet. Der Komponist erlebte hier mehrere Epochen: Von den letzten Jahren des Kaiserreichs, dem Ersten Weltkrieg, dem roten Wien der 1920er-Jahre über den Beginn des Austrofaschismus und die folgende Exilzeit bis hin zu den Nachkriegsjahren begannen für Eisler mit jedem Aufenthalt auch neue Lebens- und Schaffensphasen – die Stadt wurde zum Dreh- und Angelpunkt in seiner Biografie.
25. Februar bis 12. Juli 2009, Palais Eskeles

Leserkommentare

Zum Kommentieren kostenfrei registrieren oder anmelden.