Pabst Blue Ribbon Sign, Chicago, Illinois, 1946 Sammlung Clark und Joan WorswickPier Paolo Pasolini on the set of Theorem, 1968 © Angelo Novi / Fondazione ­Cineteca di BolognaAlbert Kahn, Les archives de la planète: Stéphane Passet, China, Peking, Palast des himmlischen Friedens, vierter Hof, östlicher Anbau, ein ­buddhis­ti­scher Lama in zeremoniellem Gewand, 26. Mai 1913

Von Ai Weiwei bis Pasolini

Große Ausstellungen im Martin-Gropius-Bau in Berlin.

Furore macht der Martin-Gropius-Bau der Berliner Festspiele derzeit mit der Soloausstellung Ai Weiwei – Evidence (sie ist noch bis zum 13. Juli 2014 zu sehen) und der multimedialen Schau David Bowie (noch bis zum 10. August 2014). Das Haus gilt auch als prominenter Ort für Fotografieausstellungen. Im Herbst setzte es dort seinen Schwerpunkt und zeigt drei Schauen von besonderer Qualität: Dem amerikanischen Fotografen Walker Evans (1903–1975) ist eine Restrospektive gewidmet. Evans gehört zu den großen Persönlichkeiten der Fotografiegeschichte des 20. Jahrhunderts. In den fünf Dekaden seines Schaffens hat er mit nüchtern registrierenden Aufnahmen ein einzigartig authen­tisches Bild Amerikas gezeichnet. Die Ausstellung Walker Evans. Ein Lebens­werk ist vom 25. Juli bis 9. November zu sehen.
Dem Ersten Weltkrieg setzt der Martin-Gropius-Bau einen phi­lanthropischen Ansatz entgegen. Im Zentrum der Ausstellung. Die Welt um 1914. Farb­fotografie vor dem Großen Krieg stehen die bislang fast vergessenen Farbaufnahmen und Filme, die der französische Bankier Albert Kahn in Auftrag gegeben hat und die vor dem Ersten Weltkrieg entstanden sind. Begeistert vom farbfotografischen Verfahren der Gebrüder Lumière, beauftragte er in einer Zeit, als die Nationen ­Europas bereits zum Großen Krieg rüsteten, Fotografinnen und Fotografen, um mit Farbbildern aus aller Welt ein Archiv aufzubauen. Dieses Bildarchiv stellt einen immensen ethnografischen Schatz dar und sollte zugleich eine Friedensmission erfüllen: die Fremde in die Nähe zu holen. Seine Aktivitäten sollten den langst brüchig gewordenen Frieden sichern helfen. Die Ausstellung ist vom 1. August bis 2. November für das Publikum geöffnet.
Die dritte Ausstellung skizziert den Regisseur Pasolini und ist vom 11. September 2014 bis 5. Januar 2015 zu sehen. Pier Paolo Pasolini (1922–1975) gilt als einer der bedeutenden „poetischen Realisten“ des euro­päischen Films der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Ausstellung zeigt anhand zahlreicher Dokumente, Briefe, Fotos und Filminstallationen den vielgesichtigen Pasolini – den „melancholischen Narziss“ der frühen Lyrik, den unorthodoxen Marxisten der 1950er- und 1960er-Jahre wie auch den Gesellschaftskritiker und Kirchenprovokateur, der mit seinem letzten und bis heute umstrittenen Film Die 120 Tage von Sodom den dramatischen Schlusspunkt seines Leinwandlebens setzte. Gezeigt wird auch das schriftstellerische Werk Pasolinis. Er gilt als herausragender europäischer Intellektueller, der die radikal-aufklärerische und selbstkritische Suche nach Wirklichkeit in der filmischen Sprache fortschrieb.
Parallel zeigt das Haus eine Ausstellung des Museums für Vor- und Frühgeschichte der Staatlichen Museen zu Berlin. In deren Zentrum stehen die Wikinger: furchterregende Krieger und Eroberer, welterfahrene Seefahrer, Handelsleute, Bauern und hoch spezialisierte Handwerker – all diese Beschreibungen prägen das Bild der Wikinger. Vom 9. bis zum 11. Jahrhundert dominierten sie den Nord- und Ostseeraum und unternahmen Reisen bis nach Nordamerika oder Byzanz. Im Zentrum der Ausstellung steht das größte bekannte Wikingerschiff mit einer Länge von 37 Metern. Es wird erstmals der Öffentlichkeit in Deutschland gezeigt. Zu sehen ist die kulturhistorische Schau vom 10. September 2014 bis 4. Januar 2015.
Das im Renaissancestil von Martin Gropius, Großonkel des Bauhaus-Gründers Walter Gropius, erbaute und 1881 eröffnete Haus ist nicht nur für seine qualitätvollen Ausstellungen bekannt, sondern auch für sein palazzoähnliches Ambiente. Es zählt zu den international renommierten und schönsten Ausstellungshäusern Europas. Museen in aller Welt, staatliche Institutionen und private Leihgeber öffnen für das Ausstellungshaus – meist zum ersten und oft auch einzigen Mal – ihre Schatzkammern und schicken ihre bedeutendsten Werke auf die Reise nach Berlin.

Informationen
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstraße 7, D-10963 Berlin
Tel. +49 (0) 30/25 48 60
täglich 10–20 Uhr (kein Schließtag)
ab 11. August: Mi–Mo 10–19 Uhr, Di geschlossen
www.gropiusbau.de
Onlinetickets:
www.gropiusbau.de/tickets

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