Hermann Hesse und die Schmetterlinge

Hermann Hesse erfreut sich in Japan besonderer Beliebtheit und ist dort einer der meistgelesenen ­ausländischen Autoren. Seine Betrachtung Das Nachtpfauenauge ist seit 1947 Lesestoff in den ­japanischen Mittelschulen und damit jedem Japaner bekannt.
Ra Cürta 2, CH-6926 Montagnola

Vor einigen Jahren realisierten zwei japanische Wissenschaftler, der Biologe und Schmetterlingsexperte Kousuke Niibe und der Germanist und Hesse-Liebhaber Asao Okada, ein sehr ehrgeiziges Vorhaben. Sie lasen die zahlreichen Gedichte und Prosatexte von Hermann Hesse zum Thema Schmetterlinge, die vollständig in japanischer Übersetzung vorliegen, und sammelten die von Hermann Hesse erwähnten Falter. In Kombination mit Hermann Hesses Texten und einigen Illustrationen arrangierten sie die Tiere in 15 Glasvitrinen, sodass die in Worten ausgedrückte Leidenschaft für die schönen Tiere anschaulich dargestellt wird.
Die Ausstellung ist bis heute in mehreren japanischen Städten sowie in den Hermann-Hesse-Museen in Calw und Gaienhofen am Bodensee gezeigt worden und hat überall ein gutes Echo gefunden, nicht nur bei Hesse-Liebhabern, sondern auch bei Schmetterlingssammlern.
Nun ist sie im Museum Hermann Hesse Montagnola in einer japanisch-deutsch-italienischen Fassung zu sehen, ergänzt um Hermann Hesses kürzlich aufgetauchte ­eigene Schmetterlingssammlung, ein bisher unveröffentlichtes Hesse-Aquarell sowie andere Objekte zum Thema.
Die Ausstellung wird unterstützt von der Hermann-Hesse-Stiftung Bern und der LGT Bank (Svizzera SA – Lugano).

Hermann Hesse und die Schmetterlinge
Schmetterlinge, diese besonders filigranen und pittoresken Wunderwerke der Natur, erregten schon die Aufmerksamkeit und Bewunderung Hermann Hesses, als er ein Kind war.
In den Calwer Jugendjahren wuchs sich dies zur Leidenschaft des Schmetterlings­jagens und -sammelns aus. In der Erzählung Das Nachtpfauenauge, deren Hintergrund als autobiografisch vermutet werden kann, schildert Hermann Hesse, wie diese Passion Macht über ihn gewann, sodass er vor nichts zurückschreckte, um in den Besitz besonders begehrter Schmetterlinge zu kommen. Allerdings war das darin geschilderte tragische Geschehen für ihn zugleich auch Anlass zur Besinnung: Die Gier der Jagd und das Töten der zerbrechlichen Wesen wurden ihm fragwürdig.
Erst als er in den folgenden Jahren Vater wurde und seine Söhne ihrerseits von den Schmetterlingen fasziniert waren, begann er noch einmal – nun behutsamer – mit dem Sammeln. Da war er aber längst aller Jagd abhold. Seine Gedanken galten nun vielmehr der Sorge, dass die zunehmende Umweltzerstörung die Artenvielfalt dieser sensiblen Lebewesen beeinträchtigen könnte. Schmetterlinge waren in Hermann Hesses Augen Symbole für die Schönheit und die Wunder der Natur, denen man mit Erstaunen und Ehrfurcht begegnen muss, um so zur Erkenntnis gelangen zu können, wie wunderbar und schützenswert die Natur ist.
In seiner Betrachtung Über Schmetterlinge, die 1935 als Geleitwort für den Fotoband Falterschönheit entstand, schrieb Hermann Hesse:
„Alles Sichtbare ist Ausdruck, alle Natur ist Bild, ist Sprache und farbige Hieroglyphenschrift. […] Schmetterlinge […] sind gleich den Blumen für viele Menschen ein sehr bevorzugtes Stückchen Schöpfung, ein besonders geschätztes und wirksames Objekt jenes Erstaunens, ein besonders lieblicher Anlass zum Erlebnis, zum Ahnen des großen Wunders, zur Verehrung des Lebens.“
bis 1. September 2013

Informationen

Fondazione Hermann Hesse Montagnola

Ra Cürta, Torre Camuzzi, Casella postale 214

CH-6926 Montagnola

Tel. +41 (0) 91/993 37 70

[email protected]

http://www.hessemontagnola.ch

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