Sinn und Sinnlichkeit

Die Bregenzer Festspiele präsentieren die Neuinszenierung von Aida als Spiel auf dem See und widmen dem polnischen Komponisten Karol Szymanowski einen hochinteressanten Schwerpunkt.
Platz der Wiener Symphoniker 1, A-6900 Bregenz

Wüstenoper auf dem Wasser: Aida
Eines der meistgespielten Werke der Musikgeschichte ist 2009 in einer aufregenden Neuinszenierung erstmals als Spiel auf dem See zu sehen: Aida, Giuseppe Verdis monumentale Oper rund um die unglückliche Liebesgeschichte zwischen der äthiopischen Prinzessin Aida und dem ägyptischen Feldherrn Radames. In dem 1871 in Kairo uraufgeführten Werk stehen prunkvolle Chorszenen und mitreißende Marschrhythmen, lyrische Naturschilderungen, prächtige Arien und romantische Duette harmonisch nebeneinander, in ihrer Wirkung noch vertieft durch das exotische Kolorit der Musik. Intendant David Pountney über Verdi und Aida: „Die Seebühne ist einfach ein grandioser Ort für all das, was dieser Komponist am besten beherrschte: große Leidenschaften und tragische Konflikte in mitreißende Musik zu verwandeln. Aber Aida ist auch eine sehr moderne Parabel über Nationalismus, Kriegslust und Feindeshass und ein Stück, das zeigt, dass es in einem Krieg nur Verlierer geben kann.“ Die musikalische Leitung hat der italienische Dirigent Carlo Rizzi inne, die Inszenierung übernimmt der bekannte britische Regisseur Graham Vick.
Premiere: 22. Juli 2009

Polnisches Meisterwerk im Festspielhaus: König Roger
Karol Szymanowskis 1926 uraufgeführte und auf Sizilien angesiedelte Oper zählt zu den Meisterwerken der polnischen Musikliteratur. „Sinn und Sinnlichkeit“, das Motto der Bregenzer Festspiele 2009, wird hier durch den Konflikt zwischen frühchristlicher Askese und spätantiker Lebensbejahung verhandelt. Die in König Roger angelegte Begegnung von christlicher, arabischer und antiker Welt erweckte der vom Mittelmeerraum faszinierte Szymanowski mit byzantinischem Kirchengesang, impressionistischem Klangkolorit, arabisch anmutender Melismatik, spätromantischem Pathos und expressivem Gesang zum Leben. Musikalische Leitung: Sir Mark Elder, Inszenierung: David Pountney.
Premiere: 23. Juli 2009

Hochaktuell: musikalische Satiren von Schostakowitsch, Gershwin und Sawer
Angesichts von Präsidentenwahlen, Bankenkrisen und Rezessionsängsten widmet sich die Operettenreihe diesmal ganz der Gesellschaftssatire und präsentiert gleich drei Produktionen im Festspielhaus: Dmitri Schostakowitschs musikalische Satire Paradies Moskau (Inszenierung: David Pountney; 15. August 2009) und George Gershwins Musicalparodie Für Dich Baby! – Of Thee I Sing (16. August 2009) zeigen, dass die Welt von Wirtschaft und Materialismus, Staat und Politik auch in der guten alten Zeit des 20. Jahrhunderts nicht besser war als heute. David Sawers neuestes Werk, Hautnah – Skin Deep (17. August 2009), hingegen kreist um den Schönheits- und Perfektionswahn unseres neuen Jahrtausends.

Schauspiel: Theater in der Josefstadt und Schauspiel Köln
Nach den erfolgreichen Buddenbrooks im letzten Sommer bringt das Wiener Theater in der Josefstadt mit Lola nun die Neudramatisierung von Heinrich Manns Roman Professor Unrat als Uraufführung auf die Bühne. Der Stoff ist legendär: Die Filmversion machte Marlene Dietrich in der Rolle der lasziven Tingeltangeltänzerin Lola, der ein verknöcherter Gymnasiallehrer rettungslos verfällt, weltberühmt.
Premiere: 19. August 2009

Überdies wird erstmals bei den Bregenzer Festspielen das erfolgreiche Schauspiel Köln (Intendantin: Karin Beier) zu Gast sein. Auf dem Programm steht mit Affäre mit Geistern eine mit Spannung erwartete Inszenierung des lettischen Starregisseurs Alvis Hermanis.
Premiere: 20. August 2009

Orchesterkonzerte kreisen um Szymanowski
Um Karol Szymanowski kreisen auch die Orchesterkonzerte der Wiener Symphoniker: In seinem zu Recht berühmten Stabat Mater erkundete er die grenzenlose Sinnlichkeit religiöser Ekstase, die sich auch in Alexander Skrjabins Poème de l’extase als zentrales Thema wiederfindet. Szymanowskis Vorgänger Frédéric Chopin wiederum steht im Zentrum eines Konzerts mit dem berühmten Pianisten Emanuel Ax (musikalische Leitung: Kirill Petrenko). Zudem interpretiert der renommierte österreichische Klangkörper Werke von Richard Wagner und Wolfgang Amadeus Mozart. Ebenfalls bei den Festspielen zu erleben ist natürlich auch das Symphonieorchester Vorarlberg mit Werken von Szymanowski, Leosˇ Janácˇek und Maurice Ravel (musikalische Leitung: Gérard Korsten, Solist[inn]en: Patricia Kopatchinskaja, Violine; Katarina Karnéus, Mezzosopran) sowie spätnachts, im Rahmen der „Sommernachtsmusik“, mit Kompositionen von George Gershwin und Leroy Anderson. Weitere Konzerte: eine Festmesse in der katholischen Stadtpfarrkirche Sankt Gallus (unter anderem mit Mitgliedern der Wiener Symphoniker), ein Klavierrezital mit Emanuel Ax (Chopin, Szymanowski) und geistliche Musik mit dem famosen Sängerensemble der Stadt Katowice.

KAZ – Kunst aus der Zeit mit spannenden Ur- und Erstaufführungen
Für die Reihe „My Musig“ wurden drei Künstler aus anderen Regionen beauftragt, sich mit Vorarlberger Klängen zu beschäftigen. So wird KAZ mit Processional, einem Festzug von Moritz Eggert für drei Blaskapellen, einer Jazz-Big-Band, einem Blasseptett und einem Dirigenten, eröffnet. Der Festzug wird sich während des Musizierens bewegen – und zwar durch die ganze Stadt.
25. Juli 2009

Die Uraufführung von Georg Nussbaumers Lawine, Wald und Stubenmusi wiederum wird als „Komposition für Flusssteine, Glocke, Äste und solarbetriebene Saiteninstrumente“ angekündigt. Der Oberösterreicher Nussbaumer ist bekannt durch Arbeiten etwa für den steirischen herbst.
Premiere: 31. Juli 2009

Als KAZ-Auftragswerk erlebt Benedict Masons Where we sing is where we left im Rahmen der Festspiele seine Uraufführung – der britische Komponist (Playing Away) betrachtet hier auf seine ganz spezifische Weise Vorarlberger Volksmusik.
Premiere: 25. Juli 2009
Im Musiktheaterbereich offeriert KAZ die österreichische Erstaufführung von Semper Dowland und The Corridor, zwei neuen Werken von Sir Harrison Birtwistle, die kurz nach ihrer Uraufführung beim Aldeburgh-Festival in Bregenz zu erleben sind.
Premiere: 31. Juli 2009

Mit Anaesthesia steht eine weitere österreichische Erstaufführung auf dem Programm: Nico And The Navigators und Franui stellen in dieser spannenden Produktion die Musik Georg Friedrich Händels in den Mittelpunkt.
Premiere: 12. August 2009

Die KAZ-Konzerte wiederum finden in diesem Jahr nicht nur im Kunsthaus Bregenz statt, sondern auch im Seestudio und auf der Werkstattbühne; im Kunsthaus Bregenz werden einander Werke der Alten und Neuen Musik gegenübergestellt.
Das KAZ-Schauspielprogramm schließlich präsentiert mit Liebesdienste einen Theaterabend zum Thema Sexarbeit in und um Vorarlberg, für den unter anderem das Theater_Sub_text verantwortlich zeichnet (Premiere: 13. August 2009), sowie den Doppelabend brut@bregenz, der vom Wiener Produktionshaus brut kuratiert wird.
Premiere: 21. August 2009

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