Ernst Barlach und die Skulptur des Expressionismus

Das Leopold Museum präsentiert im Frühjahr 2009 das Werk von Ernst Barlach (Wedel 1870 bis 1938 Rostock) in der bisher umfangreichsten Retrospektive in Österreich. Mehr als 40 Skulpturen und über 100 Zeichnungen werden das Œuvre eines der bedeutendsten deutschen Expressionisten dem Publikum in Wien vorstellen.
Museumsplatz 1, A-1070 Wien

Barlachs Werk kann man zusammenfassend als Aufschrei der unterdrückten Kreatur verstehen, zugleich aber finden sich in den Darstellungen die Innigkeit, die stille Größe des einfachen Menschen, wie etwa bei der alten Bauersfrau oder dem flötenblasenden Hirten, aber auch eine intensive Gestik, so etwa im Wiedersehen (Christus und Thomas).
Seine Modelle, meist Vertreter des Arbeiter- und Bauernstands, fand Barlach in Deutschland und während seines Russlandaufenthalts.
Das Werk von Ernst Barlach ist wie er selbst im Norden verwurzelt. Frankreich, Russland und Italien waren seine Zwischenstationen. Er kehrte jedoch wieder nach Norddeutschland zurück, um in Güstrow sein Hauptwerk zu schaffen. Während zu Beginn des letzten Jahrhunderts Maler und Bildhauer im Fernen und Exotischen das „Neue“ suchten, wollte Barlach dies im Vertrauten seiner eigenen Kultur finden.
Ernst Barlachs Frühwerk ist vom Symbolismus und Jugendstil beeinflusst. Er kann sich bei Aufenthalten in Frankreich zunächst nicht für die Kunstwerke Rodins begeistern und gelangt erst nach einer langen Russlandreise im Jahr 1906 zu seinem kompakten, eigenständigen Stil. 1910 richtet er sich ein Atelier in Güstrow ein und übersiedelt dorthin. Er reduziert die Körper seiner Figuren auf das Nötigste. Ab 1926 nimmt er öffentliche Aufträge für Ehren- und Mahnmale an, sie werden nach 1933 entfernt oder zerstört und 1945 wieder erneuert. In der Zeit des Nationalsozialismus gelten seine Werke als „entartete Kunst“.
Während dieser schweren Jahre findet Barlach einen Förderer in dem Hamburger Kunstmäzen Hermann F. Reemtsma, der von ihm Zeichnungen und Skulpturen erwirbt. Reemtsma erteilt Barlach 1934 den Auftrag, den Fries der Lauschenden zu vollenden. Hermann F. Reemtsma bleibt auch nach dem Tod des Künstlers 1938 dessen wichtigster Fürsprecher und machte Ende der 50er-Jahre seine Sammlung von Werken Ernst Barlachs der Öffentlichkeit in Form einer eigenständigen Stiftung dauerhaft zugänglich.
1960 gab Reemtsma den Auftrag zur Errichtung eines Museumsbaus in Hamburg, der zur Entstehung des Ernst-Barlach-Hauses, wie vom Stifter gewünscht in Elbnähe, führte. Das Museum beherbergt die bedeutendste Barlach-Sammlung. Die meisten Leihgaben dieser Ausstellung stammen aus dem Barlach-Haus.
Ernst Barlachs Werk wird als Symbol einer Zeit des Umbruchs erkannt. Hatte Barlach 1914 noch begeistert den Krieg begrüßt, wurde er infolge persönlicher Erlebnisse zum überzeugten Pazifisten. Seine nach 1918 entstandenen Kunstwerke drücken häufig eine tiefe Spiritualität aus, die sich in ruhigeren Formen und geschlossenen Konturen manifestiert.
Inspiriert von Ernst Barlach wurde auch die leidenschaftliche Pazifistin Käthe Kollwitz (1867–1945), die sehr am Tod ihres Sohnes durch den Krieg litt. Kollwitz’ Ausdruck der Spiritualität erklärte sich wie bei anderen zeitgenössischen Künstlern aus der Verzweiflung über Not und Elend der verarmten Bevölkerung. Ihre Werke zählen neben denen Barlachs zum Eindrucksvollsten im Kunstschaffen des 20. Jahrhunderts.
Die in Kooperationspartnerschaft mit der Ernst-Barlach-Gesellschaft Hamburg realisierte doppelte Werkschau spürt den zahlreichen persönlichen und künstlerischen Berührungspunkten zwischen Ernst Barlach und Käthe Kollwitz nach, verdeutlicht aber auch die zwischen ihnen bestehenden Kontraste. Durch die Gegenüberstellung von Werken entfaltet sich ein künstlerisches „Zwiegespräch“.
12. Februar bis 25. Mai 2009
Josef Maria Auchentaller (1865–1949).
Ein Künstler der Wiener Secession
Josef Maria Auchentaller (Wien 1865 bis 1949 Grado) war einer jener Künstler, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts an der Wiener Kunstrevolution teilgenommen hatten. Der Maler und Grafiker war mehr als ein Jahrzehnt lang aktiver Protagonist der Secession, die 1897 von Gustav Klimt in Wien gegründet worden war. Er hatte, teilweise auch als Verantwortlicher, an vielen der um 1900 organisierten Secessionsausstellungen mitgewirkt und mit der Zeitschrift Ver Sacrum, dem offiziellen Organ der Secession, zusammengearbeitet. Seine Entscheidung, Wien schon im Jahr 1903 zu verlassen und zusammen mit seiner Frau Emma das „touristische“ Abenteuer in Grado zu wagen, isolierte ihn vorzeitig vom Wiener Ambiente.
Die Ausstellung umfasst rund 300, in acht Sektionen unterteilte Werke: Gemälde, Zeichnungen, Studien, Plakate, Entwürfe, Schmuckstücke und Fotografien, von denen viele noch niemals präsentiert wurden.
11. Juni bis 21. September 2009

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