The Third Man, GB 1949, Regie: Carol Reed, © Filmarchiv AustriaBefore Sunrise, A/USA/CH 1995, Regie: Richard Linklater, © Filmarchiv AustriaThe Wedding March, USA 1928, Regie: Erich von Stroheim, © Filmarchiv Austria

Wien Museum Karlsplatz: Die Stadt als „Hauptdarstellerin“

Das Wien Museum Karlsplatz zeigt in seiner Ausstellung Wien im Film. Stadtbilder aus 100 Jahren Sequenzen aus rund 80 österreichischen und internationalen Spielfilmen, die filmspezifische Bilder der Stadt enthalten – von der Stummfilmzeit bis heute.
Karlsplatz, A-1040 Wien

Berühmte Filme, deren Images in die Stadterinnerung einflossen, sind in der Ausstellung ebenso vertreten wie fast unbekannte. Zu sehen sind unter anderem Sequenzen aus Die freudlose Gasse von Georg Wilhelm Pabst (1925), Erich von Stroheims Drama The Wedding March (1928), Wiener Blut (Willi Forst, 1942), dem Klassiker The Third Man (Carol Reed, 1949), Kassbach (Peter Patzak, 1979) sowie aus jüngeren Streifen wie Before Sunrise (Richard Linklater, 1995) und Nordrand von Barbara Albert (1999). Ob realistisch oder konstruiert, ob im Stadtraum oder im Studio gedreht: Zeittypische Wienbilder und Motive werden etabliert und konterkariert, Veränderungen des Erscheinungsbilds Wiens und der Stadtwahrnehmung sichtbar.

Von der Walzerseligkeit zur Tristesse der Peripherie
Auf der Weltkarte des Kinos hatte Wien neben Paris, Berlin oder New York lange einen festen Platz. Kaiserliches Wien, Walzerseligkeit und kleinbürgerliches Idyll: Damit konnte man große Filmgeschichten erzählen, eingebettet in den Mythos Wiens als Stadt der Liebe und der Musik. Sie erzählen nicht nur von der Leichtlebigkeit und dem besonderen Temperament der Wienerinnen und Wiener, sondern auch von ungleichen Liebesgeschichten, von missverstandenen Genies und den Möglichkeiten, die soziale Ordnung zumindest für die Dauer eines Tanzes außer Kraft zu setzen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entdeckt das internationale Kino die geteilte und in Trümmern liegende Stadt als Handlungsraum für Kriminal- und Agentenfilme. Das Wien im Film noir ist ein düsterer und klaustrophobischer Ort der Schieber, Agenten und Entwurzelten. Statt der imperialen Pracht fing die Kamera Ruinen ein, Durchgangshäuser, zerbombte Palais, feuchtes Kopfsteinpflaster in menschenleeren Straßen sowie erste Anzeichen für den Wiederaufbau. Diese Wienbilder finden ihren Nachhall in einer Serie internationaler Agententhriller, die in den 1960er- und 1970er-Jahren Wien auch filmisch als Drehscheibe zwischen Ost und West etablierten.
Seit 1970 sind es vornehmlich österreichische Produktionen, in denen Wien neu ins Blickfeld kommt, diesmal aber gebrochen und mit Sensibilität für soziale Schattierungen: die Stadt als disparate urbane Landschaft. Waren einst die Paläste und Gassen von Alt-Wien beliebte Kulissen, so ist heute die Peripherie topografisches Leitmotiv.

Informationen
Wien im Film. Stadtbilder aus 100 Jahren
Wien Museum Karlsplatz, A-1040 Wien
bis 19. September 2010
Di–So und Fei 10–18 Uhr
www.wienmuseum.at

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