Bild: Keramikmuseum, WaschbeckenBild: KeramikmuseumBild: Keramikmuseum-Cafe

Unter einem Dach: Alltagskultur von Bürgern, Königen und Päpsten

In ausgefeilter Lichtdramaturgie dokumentiert das Keramikmuseum mit einem Bestand von 17000 Keramiken das Entstehen einer ganzen Branche. Der keramischen Industrie Europas gab Villeroy & Boch über 260 Jahre wesentliche Impulse – sowohl in stilistischer wie produktionstechnischer Hinsicht.
Saaruferstraße, D-66688 Mettlach

Nach jüngster Mode gestylt, taucht sie gleich ab – die smarte Badenixe von 1909, eine 50 Zentimeter hohe Skulptur im Keramikmuseum bei Villeroy & Boch. Damit schlägt sie bereits ein großes Thema der internationalen Marke an: Wasser, Bad, Hygiene. 1875 beginnt das Unternehmen mit der Herstellung von Sanitärprodukten und macht das Bad für einen breiten Markt attraktiv und erschwinglich. Dennoch führte dieser Raum bis weit ins 20. Jahrhundert ein Dasein als „Nasszelle“. Erst die legendäre Colani-Kollektion von Villeroy & Boch, 1970 ein Paukenschlag in der Badbranche, eröffnete dem Baddesign eine neue Dimension.
So stehen einander in der Ausstellung Solitäre wie der Doppelwaschtisch Colanis, das Waschschüsselensemble des Märchenkönigs Ludwig und Fliesen der großen Jugendstilmeister Henry van de Velde, Joseph Maria Olbrich und Peter Behrens selbstbewusst gegenüber. Was sie eint, ist die große Traditionsmarke.
Ihr Ursprung liegt im Bereich der Tischkultur. 1748 gründete François Boch in Lothringen eine Töpferei, die seine Söhne mit weiteren Werken auf eine industrielle Basis stellten. Die Kultivierung des Alltags hat für Villeroy & Boch früh begonnen – Jahrhunderte bevor die Begriffe Produkt, Design und Lifestyle geboren wurden. Denn es gelang im 18. und 19. Jahrhundert, durch bahnbrechende Innovationen hochwertiges Geschirr zu moderaten Preisen herzustellen. So spiegeln die Produkte von Anfang an Bedarfslage, Zeitgeschmack und das Selbstverständnis bürgerlicher Schichten quer durch die Epochen.
Illustre Kunden
Doch auch Herrscherhäuser der ganzen Welt schätzen seit Jahrhunderten die Produkte und auch die in den Ateliers hergestellten Sonderanfertigungen des Unternehmens – von den preußischen Königen und russischen Zaren über arabische Scheichs, Jackie Kennedy, Juan Carlos, Lady Di bis hin zum Vatikan. Auch solche Produkte zeigt das Museum in einer erlesenen Auswahl.
Für manchen Gast sind nach diesem erlebnisreichen Kulturparcours Entspannung und Stärkung angesagt. Und die bietet das neue Museumscafé – ein Meisterwerk historistischer Innenarchitektur. Es ist vom Boden bis zur Decke im Stil des berühmten Dresdner Milchladens gestaltet, den Villeroy & Boch im Jahr 1892 entworfen und ausgeführt hatte. In detailgetreuer Handmalerei schufen Keramikkünstler nach den noch erhaltenen Vorlagen teils meterhohe Bilder und Ornamente. Und wer immer noch „Lust auf mehr“ hat, der kann durch den Park der Alten Abtei mit seinen über 200 Jahre alten Bäumen streifen. Hier findet er auch den Alten Turm, das älteste sakrale Architekturdenkmal des Saarlands, und den Schinkel-Brunnen, ein Gastgeschenk des preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm an Jean-François Boch aus dem Jahr 1838. Geschichte bei Villeroy & Boch: ein genussvolles Erlebnis inner- und außerhalb der Alten Abtei.

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